Stimmt das Preisgefüge in der Gastronomie noch?
Vier GastgeberInnen sprechen Klartext über Wert und Preis von Qualität, über ehrliche Kalkulation, die Realität hinter scheinbar „günstigen“ Gerichten – und warum nicht alles, was teuer ist, auch automatisch gut sein muss.

Rafael Gründlinger-Pils, Gasthof Pils, Rotheau / Eschenau
Die Preisgestaltung in der Gastronomie wirkt oft etwas willkürlich. Man hat den Eindruck, jeder schreibt drauf, was er will. Wenn in der Skihütte ein Paar Frankfurter 15 Euro kostet, finde ich das übertrieben. Das kann man sich in der Landgastronomie nicht leisten, obwohl wir bei den Hauptspeisen im Schnitt sieben bis zehn Euro aufschlagen müssten, um wirtschaftlich zu sein. Aber bei einem Schnitzel ist bei uns mit 31 Euro die Preisgrenze erreicht. Das kann man nicht verkaufen. Auf dem Land ist das generell schwieriger als in der Stadt. Um wirtschaftlich arbeiten zu können, ist die Grenze schnell erreicht. Trotzdem muss man aufpassen, dass man sich nicht unter Wert verkauft. Bei der Kalkulation müssen auch Faktoren wie Personal oder Betriebskosten berücksichtigt werden. Ich glaube, dass die Gäste in der Stadt eher bereit sind, mehr zu bezahlen. Da werden schnell 19 Euro für einen einfachen Burger verlangt – und auch bezahlt. Dagegen erscheint das Lamm vom Bauernhof mit 28 Euro im Landgasthof teuer. Qualität muss mehr wertgeschätzt werden.
Andrea Kaiblinger, Esszimmer, Salzburg
Bei der Frage, ob das Preisverhältnis in Ordnung ist, gibt es von meiner Seite kein klares Ja oder Nein. Man kann nicht pauschalisieren, das sollte man generell nicht tun. In unserem konkreten Fall, wenn ich jetzt grob von der Branche spreche, ist die Preisspanne extrem – von supergünstig bis extrem teuer. Wenn es supergünstig ist, dann ist es entweder ein perfektes Konzept oder ein mulitfamiliäres Unternehmen. Wer Qualität will, darf nicht auf den Preis schauen, denn Qualität und supergünstig sind nicht vereinbar. Aber was genau ist Qualität?
Qualität hat viele Formen (Ort, Einrichtung, Dekoration, Saison, Zeit, selbstbestimmtes Bestellen der Speisen) Grundsätzlich sprechen wir natürlich in erster Linie von der Qualität der Speisen und Getränke, die für die Zubereitung der Speisen benötigt werden, denn das versteht jeder noch halbwegs oder kann es sich dann erklären. Dazu kann ich persönlich sagen, dass es eine große Vertrauenssache ist. Die persönliche Einstellung des Herzens und die Leidenschaft des einzelnen Betreibers von was auch immer. Mein Lieblingsthema sind hier die Eier. Es gibt immer noch Betriebe, die zum Frühstück Eier aus Bodenhaltung anbieten. Das ist lustig, weil jeder das sehen kann. Also ich zumindest schaue da immer ganz genau hin. Also wenn man schon beim Frühstücksbuffet offensichtlich keine Freilandeier hat, was wird dann im Rest der Speisen verwendet? Das meine ich. Da gibt es viele Möglichkeiten zu tricksen. Der Gast merkt es nicht.
Das ist natürlich im Moment ein Riesenthema, und da möchte ich eine Lanze brechen. Die Preisgestaltung ist derzeit ohnehin eine Gratwanderung. Letztendlich tragen wir den größten Teil der Erhöhung rundum selbst. Jetzt kommt wieder der Charakter ins Spiel, wenn man sich vom System betrogen fühlt, dann fängt man an, selbst über Betrug nachzudenken … das ist ein alter Hut. Und wenn ich hier noch einmal eine Lanze brechen dürfte, wäre ich sehr dankbar. Wir haben viele tolle Menschen in unserer Branche, die sich engagieren und die ein Vorbild für unsere Branche und für den Tourismus sind. Ihnen gebührt jede nur erdenkliche finanzielle Unterstützung. In den letzten Jahren haben sich aber auch einige soziale Probleme eingeschlichen, d.h. die Qualität vieler Mitarbeiter hat extrem abgenommen. Das ist jetzt kein Thema, das nur unsere Branche betrifft, im Gegenteil, es ist allgegenwärtig. Was meine ich damit?
Ganz einfach, was früher eine Person geschafft hat, dafür brauchen wir heute 2. Nicht zuletzt, weil eine Vollzeitbeschäftigung die wenigsten interessiert.
Jonathan Burger und Raphaela Wirrer, Hotel Gasthof Hirschen, Schwarzenberg,
In der Tat muss man in der Gastronomie heute mehr auf die Kosten achten als früher. Was heute zählt, ist Kostenwahrheit. Wareneinsatz, Personalkosten oder auch Energie- und Mietkosten müssen in die Kalkulation einfließen. Wer heute als Gastronom nicht gut kalkuliert, wird wirtschaftlich nicht überleben. Wir arbeiten ausschließlich mit hochwertigen und regionalen Lebensmitteln und kaufen zum Beispiel ganze Tiere, die wir selbst verarbeiten. Das erfordert auch viel Know-how: Ein aufwendiges Schmorgericht braucht mehr Energie und Wissen als ein schnell gebratenes Rinderfilet. All das muss in die Kalkulation einfließen. Die Speisekarten müssen immer mit Blick auf den Gesamtumsatz geschrieben werden. Das ist ein komplexes Thema, das heute strategisches Denken erfordert.
Lukas Kapeller, Restaurant Lukas Kapeller, Steyr
Wir sind ein Fine Dining Restaurant und haben ein Menü, das kostet bei uns 160 Euro. Wir schauen, dass der Wareneinsatz etwa 12 bis 22 Prozent beträgt und versuchen auch beim Personal und auch bei den Energiekosten wirtschaftlich zu arbeiten, was uns auch gelingt. Der größte Preistreiber sind sicherlich die Personalkosten. Dass die Lohnnebenkosten zu hoch sind, ist bekannt. Aber bei den Fachkräften zu sparen, ist heikel. Wir hatten in unserem alten Gasthaus zwei sehr starke Kräfte und dann noch Hilfskräfte. Da darf niemand ausfallen, schon gar nicht für längere Zeit. Es wäre wünschenswert, wenn es da Unterstützung gäbe und einen Pool von Ersatzkräften. Das Wichtigste ist, dass die Qualität für den Gast stimmt, es nützt nichts, wenn man das beste Kalbfleisch verwendet und es nicht zubereiten kann. Bei der Kalkulation muss man sehr kreativ sein, wir bauen zum Beispiel 2 bis 3 Gemüsegänge ein, da ist der Wareneinsatz geringer. Das Ganze muss stimmig sein.