Das sind die Bar-Trends 2024

19.10.2023

Frisch vom „Bar Convent“ abgezapft: Mit 544 Ausstellern und 15.000 Besuchern unterstrich die Berliner Bar-Messe „BCB“ ihren Stellenwert. Die ÖGZ war vor Ort und hat die auffälligsten Entwicklungen für 2024 zusammengefasst.

Schon am Flughafen begann der Klassenfahrt-Charakter: Ganze Bar-Teams klatschten vor dem Einchecken in Schwechat ab. Das gemeinsame Ziel hieß BCB, nicht von ungefähr auch „Bartenders’ Christmas“ genannt. Drei Tage lang verkosten am Berliner Messegelände rund 15.000 Besucher aus 91 Ländern Drink-Neuheiten, besuchen Gastschichten und nutzen das Weiterbildungsprogramm. 544 Aussteller machen den Bar Convent Berlin zur wichtigsten Spirituosen-Messe Europas. Entsprechend wertvoll ist der BCB für die Branche als Trendbarometer. Praktisch alle paar Minuten stieß die ÖGZ beim Rundgang auf heimische Einkäufer oder Importeure.

Ihre wichtigsten Gesprächsthemen neben der weiten Distanz zum Flughafen Willy Brandt waren die 2024 anstehenden Marken-Wechsel im Vertrieb. Zwischen Gerüchten, dem Abschied von aufgebauten Partnerschaften und dem Be­jubeln neuer Geschäfte zeigten sich aber auch für die Bar-Gastronomie wesentliche Entwicklungen. Hier daher die exklusive Zusammenfassung der spannendsten Trends für das kommende Geschäftsjahr.

Obstbrand ohne Opa-Image

Eine der sicherlich spannendsten Präsentationen lieferte in Berlin ein Österreicher. Klemens Schraml vom Restaurant „Rau“ kochte auf einer rauchfreien Lohberger-Küche zu den Destillaten von Hans Reisetbauer. „Wir wollen zeigen, wie gut das funktionieren kann“, so der bekannte Brenner aus Oberösterreich. Bewusst hatte man hingegen dem international bekannteren „Blue Gin“ nur einen kleineren Bereich gewidmet. Und in der Tat waren die ohne Reservierung vergebenen Plätze zu jeder vollen Stunde sehr begehrt.

Die perfekt abgestimmte Präsentation ergänzte den modernen Auftritt klassischer Obstbrenner, wie ihn z. B. auch die Schwarzwälder Traditionsdestillerie – mit markant am bunten Etikett in Szene gesetzten Früchten – pflegte. Mit nur 30 % vol. und der Bezeichnung „Milder Bio-Naturschnaps“ nimmt man der neuen Konsumenten-Generation die Angst vor vielleicht zu „scharfen“ Spirituosen.

Am liebsten bunt und köstlich, oft auch ohne Alkohol: Die Cocktailwelt zeigte in Berlin, wie sie sich die Zukunft vorstellt. © BCB - FRB Media
Am liebsten bunt und köstlich, oft auch ohne Alkohol: Die Cocktailwelt zeigte in Berlin, wie sie sich die Zukunft vorstellt. © BCB – FRB Media

Der verzögerte Agaven-Boom

Ebenfalls kaum zu übersehen waren die diversen Anbieter von Tequila und Mezcal. Der offizielle Schwerpunkt mit einer Pop-Up-Bar am Messegelände, bespielt von den Spezialisten der „Barro Negro“ aus Athen, war dabei nur ein Puzzle-Teil. Insgesamt waren am „BCB 2023“ über 100 Agave-Spirituosen vertreten, unterstreicht auch die Statistik die Bedeutung der Kategorie. Selbst die Republik Mexico bat Produzenten und Bartender heuer zu einem offiziellen Auftakt-Empfang in die Botschaft. Denn längst übersteigt der Export – vor allem in die USA – den Inlandskonsum.

Dass dieser bereits seit einigen Jahren anhaltende Trend noch nicht ganz in Österreich gelandet ist, ließ Stelios Papadopoulos als Mastermind der „BCB Agave Embassy“ auf Befragen nicht gelten. Der Schlüssel zur Akzeptanz sei für ihn „die Vielfältigkeit der Spirituose im Cocktail zu zeigen“. Das tat vor Ort etwa Sven Goller („Das schwarze Schaf“, Bamberg), der Mezcal mit Ruby Port, Meersalz und Kaffee zum dunkelfruchtig-kräftigen Digestiv-Drink namens „Porto de Café“ mixte. Davon freilich könnte es mehr geben!

Mega-Chance für das Tourismusland: Lokale Zutaten im Drink; Kolumbien zeigte es mit Coca-Blatt-Pulver als Cocktail-Garnitur vor. © Roland Graf
Mega-Chance für das Tourismusland: Lokale Zutaten im Drink; Kolumbien zeigte es mit Coca-Blatt-Pulver als Cocktail-Garnitur vor. © Roland Graf

Kreative Kosten-Killer

Als Mega-Thema erweist sich auch die Umsetzung von Nachhaltigkeit an der Bar. Was mit Glas-Untersetzern aus gepressten Zitrusfrucht-Resten begann, erfasst mittlerweile die gesamte Lieferkette. Denn in Konzerndimensionen machen gestiegene Preise für Rohstoffe und Energie schnell Millionen Euro aus. Auch deshalb kommt jetzt Dampf hinter die Material-sparenden Initiativen. Praktisch alle Spirituosen-Konzerne verfolgen interne Programme in Richtung Klimaneutralität. 

Doch auch an den Bars sind neue Lösungen gefragt. Die 4,5-Liter-Kanister von „Ecospirits“ ersetzen beispielsweise einen Karton mit sechs Flaschen und werden von den Brennereien direkt befüllt. Die Reduktion von Glasmüll ist dabei nur eine positive Eigenschaft im Bar-Betrieb. „Auch für Caterings ist das ideal“, streicht der Kölner Bartender Stephan Hinz („Little Link“) heraus. An seinem kleinen Stand demonstriert er mit den Kanistern und Soda, wie schnell ein Highball gezaubert wird. Eine klare Absage hingegen gab es hingegen für Einsparungen beim Gästeerlebnis. Gabriel Daun wurde am Vorabend des BCB, ihm Rahmen der „Mixology“-Award-Verleihung deutlich: „Wenn ich eine Bar-Karte seh‘, die nur aus einem QR-Code besteht, hol‘ ich die Polizei“, so der Executive Bar Manager der Frankfurter „Gekko Group“ (u.a. „Roomers Hotels“). Klarer Subtext: In Zeiten fehlenden oder ungeschulten Personals muss das Cocktail Menu Stimmung und Information für den Gast liefern.

Mitunter mischen Österreicher beim Tequila-Trend auch als Hersteller mit – die in Tirol gegründeten Marke „Padre Azul“ am BCB. © BCB - FRB Media
Mitunter mischen Österreicher beim Tequila-Trend auch als Hersteller mit – die in Tirol gegründeten Marke „Padre Azul“ am BCB. © BCB – FRB Media

Luxus geht auch „nackt“

Der feine Grat zwischen Einsparung, echtem Öko-Bewusstsein und Verbrauchererwartung trifft aber vor allem das Luxus-Segment. Das auf der Messe aufliegende Magazin „Drinks International“ sieht in seiner Titelgeschichte sogar eine Neubewertung des Premiumsegments am Horizont aufziehen. Das mag verfrüht sein, doch der Fokus hin zum Flascheninhalt und weg von der Aufmachung ist ein sichtbares Anzeichen für ein Umdenken bei Spirituosen jenseits der 100 und 1000 Euro Einkaufspreis. Aktuell geht es vor allem den Überkartons – besonders im Whisky- und Champagner-Bereich – an den Kragen. Nur 20% aller Flaschen wurden vor fünf Jahren „nackt“ verkauft, erfährt man etwa bei „Bruichladdich“. Heute hingegen sind es bereits 78% aller Flaschen des Islay-Whiskys. 

Die Tage der Blech-Hüllen, die lange sogar Sammlerwert hatten, scheinen generell gezählt zu sein. Auch Insel-Nachbar Laphroaig wechselte auf recyclebaren Karton und ersetzte zugleich den Plastikverschluss seiner Whiskys durch Holz. Und beim Champagner-Giganten Moët Hennessy hat man die Umstellung auf die Papierhüllen namens „Second Skin“ für alle Abfüllungen von Ruinart schon im Vorjahr abgeschlossen.

Auftrumpfen mit Lokalem

BCB bedeutet aber auch Anstehen an den diversen Food Trucks. Vielleicht gehörte der Mann mit Regenmantel und Holzkübel auch aufgrund der prekären Mittagessen-Situation schnell zu den beliebten Anlaufstellen. Denn auf die flachen Imperial-Austern, die er aus dem holländischen Yerseke mitgebracht hatte, wartete man weitaus kürzer als auf Burger, Burritos oder persischen Reis. Die dazugehörige Spirituose „Oyester“ sollte so beworben werden, denn sie nützt die Meerestiere zur Aromatisierung eines Wodkas. Es war nicht der einzige Anbieter, dessen Drinks mit einem Hauch von Regionalität das „Kilometer Zero“-Konzept aus der Küche in die Bars transferieren. Denn seinen „Espresso Martini“ oder „Negroni“ kann man weltweit trinken, einen Cocktail mit Coca-Blättern aber nur in Kolumbien! 

Mit ihm demonstrierte Paola Oviedo („Alquímico“, Cartagena de Indias) die weitgehend unbekannten Geschmäcker ihres Landes in einer spannenden „Cocktail-Table“-Präsentation auf Einladung von Campari. Zu diesen gehörte auch das Nachtschattengewächs Lulu, das man in der kolumbianischen Bar gerne verarbeitet. Der Lacher der deutschsprachigen Gäste war dem „Lulu-Sirup“ als Zutat allerdings sicher. Doch steckt gerade in diesem Trend eine gewaltige Chance für die österreichische Fauna bei Touristen – von Apfelstrudel-Likör bis Zirben-Brand. Lokale Trinkkultur macht eben auch in einer internationalen Welt des Cocktails unverwechselbar.

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