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Kongress: Eine Reise durch die Unordnung

29.04.2025

Unter dem Motto „Eine Welt in Unordnung" versammelten sich beim 64. Frühjahrskongress des Österreichischen Reiseverbands (ÖRV) hochkarätige Vertreter*innen aus der Reisebranche, dem Arbeitsmarkt und der Wirtschaft, um über die zukünftigen Veränderungen der Branche zu sprechen.

ÖRV-Kongress © ÖRV
ÖRV-Kongress © ÖRV

Beim Frühjahrskongress des Österreichischen Reiseverbands diskutierten Expert*innen aus Tourismus, Technologie und Wirtschaft die großen Themen der Branche: Von der digitalen Transformation über das neue Reiseverhalten der Generation Z bis hin zum Boom der Luxusreisen trotz Wirtschaftskrise. Auch geopolitische Entwicklungen wie die Rückkehr von Donald Trump in die US-Politik und die weltweite Zunahme von Krisen- und Konfliktherden standen im Fokus.

Ungebrochene Reiselust

Trotz der angespannten Wirtschaftslage ist die Reiselust der Österreicher*innen laut einer Aussendung ungebrochen. Laut dem Ruefa Reisekompass 2025 haben 89 Prozent Urlaubspläne. Dabei weichen 17 Prozent der Befragten bewusst auf die Nebensaison aus und 14 Prozent möchten auf Frühbucher-Angebote setzen, um Kosten zu sparen. Das durchschnittliche Reisebudget pro Person liegt bei rund 2.100 Euro. Trotz der wirtschaftlichen Unsicherheit steigt die Nachfrage nach hochwertigen Erlebnissen. ÖRV-Präsidentin Eva Buzzi erklärt: „Wer über das nötige Budget verfügt, gönnt sich bewusst exklusive Reisen. Reisende sehen es als Belohnung und als Investition in das eigene Wohlbefinden.“ Luxusanbieter*innen profitieren zudem von einer bereits kaufkräftigen Kundschaft, die weniger von der Krise betroffen ist.

Die erneute Präsidentschaft Donald Trumps hat spürbare Auswirkungen auf den internationalen Tourismus in die USA. Es lässt sich europaweit ein Rückgang an Anfragen zu USA Reisen feststellen. Jedoch macht der geschwächte Dollar USA-Reisen für Reisende aus dem Euro-Raum wieder günstiger.

Appell an Arbeitgeber*innen

Johannes Kopf beim ÖRV-Kongress © ÖRV
Johannes Kopf beim ÖRV-Kongress © ÖRV

Die wirtschaftliche und politische Lage, sowie der technologische Wandel im Tourismus stellen auch die Arbeitnehmer*innen vor Veränderungen. Personalarbeit wird dadurch immer wichtiger. Johannes Kopf, Vorstandsvorsitzender des AMS, appelliert: „Arbeitgeber*innen müssen attraktiver werden, um Arbeitskräfte zu gewinnen. Die Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer*innen müssen sich ändern.“ Judith Kohlenberger, Migrationsforscherin an der WU Wien, ergänzt: „Durch Onboarding können Unternehmen die Mitarbeiterbindung stärken und schaffen gleichzeitig Strukturen für eine wertschätzende Einarbeitung“. Über ein Drittel der Gesamtbeschäftigten im Tourismus seien aus dem EU-Ausland, weitere 20 Prozent würden aus Nicht-EU-Ländern stammen.

 

Judith Kohlenberger beim ÖRV-Kongress © ÖRV
Judith Kohlenberger beim ÖRV-Kongress © ÖRV

Auch der demographische Wandel trägt dazu bei, dass ausländische Arbeitskräfte in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Daher sieht Kohlenberger große Chancen durch kompetenzbasiertes Job-Matching, bei dem die Fähigkeiten der zukünftigen Mitarbeiter*innen im Vordergrund stehen. „Unternehmen können davon profitieren, auch Menschen mit Fluchterfahrung eine Stelle anzubieten, die sich oft durch hohe Betriebstreue und geringe Fluktuation auszeichnen“, sagt die Expertin.

 

Christoph Badelt beim ÖRV-Kongress © ÖRV
Christoph Badelt beim ÖRV-Kongress © ÖRV

Der Präsident des Fiskalrates, Christoph Badelt, sieht die Wirtschaft, die Politik sowie den Klimaschutz gefordert und ortet eine Geringschätzung ökologischer Themen: „Es besteht kein zwangsläufiger Widerspruch zwischen ökologischen Anliegen und nationalem Wohlstand. Das lässt sich auch im Tourismus illustrieren. Politische Entscheidungen müssen sich auf empirische Fakten beziehen.“

 

Zukunftstrends im Fokus

Die Generation Z reist bereits anders: Sie sucht authentische, einzigartige Erlebnisse, die auch auf Social Media geteilt werden können. Für die Branche bedeutet das, kreative, flexible und smarte Angebote zu entwickeln, um diese junge Zielgruppe zu begeistern. Beim Transport setzt die Gen Z auf Flexibilität – das Flugzeug bleibt für Fernreisen relevant, jedoch wird vor Ort auf den öffentlichen Verkehr und bewusste Mobilität gesetzt. Claudia Falkinger, Managing Director Point& betont, dass der Tourismus Potential hat, die Mobilität zu verändern. „Barrierefreiheit, flexible und zielgruppengerechte Mobilität sind keine Nische, sondern ein wesentlicher Wettbewerbsvorteil des touristischen Marktes“, so Falkinger.

KI verändert die Branche grundlegend – von personalisierten Angeboten in Reisebüros über automatisierte Prozesse bei Reiseveranstaltern bis hin zu smarter Routenplanung auf Kreuzfahrtschiffen. Sie verspricht Effizienz, verbessert den Kundenservice und ermöglicht datenbasierte Entscheidungen. Gleichzeitig stellen Datenschutz, der Verlust persönlicher Beratung und hohe Implementierungskosten große Herausforderungen dar. Michael Faber Reisebüro-Inhaber und Geschäftsführer Touristik des Beraternetzwerks Realizing Progress, stellt fest: „Künstliche Intelligenz hat die Arbeitswelt bei der Content-Erstellung im Reisevertrieb bereits stark verändert und wird in den nächsten Jahren Geschäftsprozesse erleichtern und repetitive Aufgaben übernehmen können. Nun sind die touristischen Technikanbieter gefragt entsprechende Lösungen umzusetzen, um die Alltagsaufgaben zu erleichtern.“

Eva Buzzi beim ÖRV-Kongress © ÖRV
Eva Buzzi beim ÖRV-Kongress © ÖRV

KI kann nicht nur zur Personalisierung von Angeboten verwendet werden, sondern wird bereits erfolgreich gegen Massentourismus eingesetzt: Durch die datengetriebene Besucherlenkung werden Touristenströme in Echtzeit analysiert und dadurch besser verteilt. Das sei ein wichtiger Schritt, denn Overtourism stelle viele Destinationen vor große Herausforderungen. Neben überfüllten Städten und der zusätzlichen Umweltbelastung verändert er auch die Lebensqualität der Einheimischen. Einerseits braucht es eine verstärkte Kooperation der Tourismusbranche mit den betroffenen Regionen um gemeinsame Lösungen zu entwickeln. Andererseits muss das Bewusstsein für verantwortungsvolles Reisen bei den Gästen gestärkt werden. „Die Branche befindet sich im Wandel – zwischen Technologie, neuen Zielgruppen und globalen Unsicherheiten,“ so Buzzi. „Wer flexibel, innovativ und kundenorientiert agiert, wird gestärkt aus dieser Transformation hervorgehen.“

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