Unternehmensinsolvenzen
Nur jeder zweite Gastrobetrieb ist im Plus
Am 11. Dezember 2024 lud der KSV1870 zur Präsentation der Jahresbilanz in das „Haus des Meeres“ in Wien. Ein symbolträchtiger Ort schließlich steht vielen Unternehmen sprichwörtlich das Wasser bis zum Hals. Besonders betroffen sind neben dem Industriesektor die Gastronomie, die Bauwirtschaft und der Handel.
„Die Geschäftslage hat sich verschlechtert, die Umsätze sind auf Talfahrt“, eröffnete Ricardo-José Vybiral, CEO der KSV1870 Holding, mit den Ergebnissen der Unternehmensbefragung "Austrian Business Check". Ein zentrales Thema war die detaillierte Analyse der betroffenen Branchen. Die Gastronomie gehört zu den Spitzenreitern bei den Insolvenzen. Mit einer geringen Eigenkapitalquote und hoher Personalabhängigkeit kämpfen viele Betriebe gegen hohe Energiekosten und stagnierende Umsätze. Laut KSV-Daten rechnet weniger als die Hälfte der Gastronom*innenmit einem positiven Jahresabschluss. Häufig müssen Lokale aufgrund von Personalmangel geschlossen bleiben, obwohl die Frequenz vorhanden wäre. „Es fehlt an Köpfen, die Gastronomen erleben zugleich ein Sparverhalten der Kund*innen“, fasste Vybiral zusammen.
Insolvenzzahlen auf Rekordniveau
Karl-Heinz Götze, Leiter KSV1870 Insolvenz, liefert die Zahlen: Mit 6.550 Insolvenzen verzeichnet 2024 das dritthöchste Insolvenzjahr der Geschichte. Besonders die Passiva von 18,3 Milliarden Euro markieren einen neuen Höchststand. Hinter dieser Summe stehen Großpleiten wie die Fisker GmbH (3,8 Milliarden Euro), René Benko (2,4 Milliarden Euro) oder die KTM AG (1,8 Milliarden Euro). Die zum zweiten Mal innerhalb von zwei Jahren in die Insolvenz gerutschte Kika-Leiner Möbelkette liegt mit 139 Mio. Euro außerhalb der zehn größten Insolvenzen des heurigen Jahres.
Eine neue Dynamik zeigte sich bei den nicht eröffneten Insolvenzen, die aufgrund fehlender Masse für Verfahrenskosten um 20 Prozent zugenommen haben. Diese Fälle entziehen dem Wirtschaftskreislauf schätzungsweise hunderte Millionen Euro. Götze warnte zudem vor Folgeinsolvenzen, da die wirtschaftliche Stabilität vieler Geschäftspartner*innen durch die steigenden Fälle gefährdet sei.
2025: Mitten im Tunnel
Für das kommende Jahr rechnet der KSV1870 mit 6.500 bis 7.000 Unternehmensinsolvenzen. „Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass wir puncto hoher Insolvenzzahlen nicht am Ende des Tunnels angekommen sind, sondern uns mittendrin befinden“, so Götze. Auch, weil Faktoren wie Energiekosten, Konsumnachfrage oder geopolitische Entwicklungen weiterhin maßgeblichen Einfluss auf die wirtschaftliche Situation der Unternehmen haben werden, und damit auch auf die Insolvenzentwicklung im kommenden Jahr. Zudem wird sich zeigen, welche Entwicklung der Arbeitsmarkt nimmt und wie sich zentrale Branchen entwickeln.
Ricardo-José Vybiral betonte: „Wir müssen wieder eine gewisse Leichtigkeit schaffen, denn KMU sind mittlerweile mit der Dokumentation und Abwicklung von regulatorischen Anforderungen überfordert." Langfristig brauche es grundlegende Veränderungen, um österreichische Unternehmen zu entlasten, so Vybiral mit Blick auf die laufenden Regierungsverhandlungen, von denen er sich ein rasches und positives Ergebnis wünscht – und keinesfalls einen Stillstand oder gar Neuwahlen.
Unternehmensinsolvenzen 2024
- Gesamtinsolvenzen: 6.550 Fälle (+22 % zu 2023). 2024 ist historisch das dritthöchste Insolvenzjahr. Rekorde bisher waren 2005 und 2009 mit ca. 7000 Insolvenzen.
- Betroffene Branchen:
- Handel: 1.146 Fälle (+16 %)
- Bauwirtschaft: 1.069 Fälle (+15 %)
- Gastronomie: 826 Fälle (+16 %)
- Größte Pleiten: Fisker GmbH (3,8 Mrd. Euro), René Benko (2,4 Mrd. Euro), KTM AG (1,8 Mrd. Euro)
- Passiva: 18,3 Mrd. Euro (+31 % zu 2023)