Auf der Suche nach einem Nachfolger

Übernahme
26.04.2017

Von: Daniel Nutz
1.700 gastronomische Betriebe suchen jährlich einen Nachfolger. Fand man ihn früher meist in der Familie, ist das heute nicht mehr so einfach. Die ÖGZ hat einen Betroffenen und Experten befragt.
Karl Meixner führt seine Gastwirtschaft nahe dem Wiener Reumannplatz seit 1981.

Karl Meixner steht vor seinem Wirtshaus am Wiener Reumannplatz und blinzelt in die im Zenit stehende Mittagssonne. Heute gibt es Paprikanierndeln und Altwiener Backfleisch, verkündet die Kreidetafel neben dem Eingang. „Gourmetempel sind wir keiner“, lacht der 62-Jährige. Man biete seit 1965 „Wiener Küche, mit ordentlichen Produkten, ohne Schnickschnack“. Aber auf durchaus gehobenem Wirtshausniveau. 1981 hat er das Wirtshaus von seinen Eltern übernommen. Einen großen Umbau und den Ausbau des Abendgeschäfts verbucht Meixner als Erfolg seiner unternehmerischen Tätigkeit. Nach mehr als 35 Jahren im Geschäft denkt er jetzt aber an den Ruhestand. 

1.700 Übernahmen

Meixners Gastwirtschaft ist einer von etwa 1.700 gastronomischen Betrieben, die pro Jahr zur Übergabe stehen. Bei insgesamt rund 6.500 Betriebsübergaben in allen Branchen nimmt die Gastronomie somit einen Löwenanteil ein. War früher das Thema Übergabe noch eines, das in erster Linie in der Familie geregelt wurde, wird mittlerweile vielfach bei Mitarbeitern oder Außenstehenden gesucht. 

Familie fällt aus

Erhebungen der KMU-Forschung zeigen, dass vor 20 Jahren noch rund drei Viertel der Unternehmen in der Familie übergeben wurden, heute liegt dieser Anteil bei gerade einmal 50 Prozent. Tendenz: weiter fallend. 
Meine Frau und ich haben keine Kinder“, sagt Karl Meixner, während er durch sein Lokal führt. Ein typisches Wiener Wirtshaus mit dunkler Holzverkleidung, 120 Sitzplätzen und einem schattigen Gastgarten für 50 Leute. Bis September 2019 will er einen Nachfolger gefunden haben, erzählt Meixner, dann könnte er in Pension gehen.

Bezüglich des Zeitplans macht es Herr Meixner richtig, erklärt Elisabeth Zehetner-Piewald im Gespräch mit der ÖGZ. Zehetner-Piewald ist in der Wirtschaftskammer für das Thema Übergabe/Übernahme zuständig: „Für einen Übergabeprozess muss man zwei bis drei Jahre einplanen.“ Einer der häufigsten Fehler: Übergeber machen sich erst zu spät auf die Suche nach einem Nachfolger. Und Zeitdruck ist nie ein guter Gefährte.

Kostenlose Börse

Neben der Familie sind normalerweise Mitarbeiter die ersten Kandidaten. Doch wie findet man einen betriebsfernen Nachfolger? Als erste Anlaufstelle bietet die Kammer eine kostenlose Übergabebörse (www.nachfolge-
boerse.at
) an. Dort kommt es zu einem losen Austausch von Übergebern mit Übernahmeinteressenten. Karl Meixner hat die Börse ausprobiert. Er zeigt sich zufrieden. In den zwei Monaten, seit denen er gelistet ist, haben sich schon drei Interessenten gemeldet. 

Richtig knifflig wird die Sache oft, wenn es über die Anbahnung hinaus in konkrete Verhandlungen geht. Zu klärende Punkte sind dann die Übergabefähigkeit eines Betriebes, die Bewertung der getätigten Investitionen und Betriebsanlagengenehmigungen und letztendlich die Ablösesumme. Wenn, wie im Falle von Meixners Gastwirtschaft, das Lokal gemietet ist, gilt es auch zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Mietverträge übernommen werden können. 

Ein häufiges Problem: Übergeber schätzen den Wert fundamental anders ein als die potenziellen Übernahmekandidaten. Meixner: „Ich habe ein Mietlokal mit Weitergaberecht. Klar will ich, dass auch die 35-jährige Arbeit, die ich hineingesteckt habe und die Stammkundschaft, die ich dadurch gewonnen habe, abgegolten werden.“ Bei der Auswahl des Nachfolgers ist Meixner auch wichtig, dass das Lokal in seiner Tradition weitergeführt wird. Aus dem Altwiener Wirtshaus ein Kebablokal zu machen fände er abwegig. 

Hilfe vom Berater

„Ich habe keinen Stress“, sagt Meixner. Er würde warten, bis der passende Kandidat komme. Jenen, die bei der Nachfolgersuche schneller zum Erfolg kommen wollen, können unter Umständen Experten helfen. Sogenannte Übernahme- und Betriebsmakler machen sich nicht nur aktiv auf die Suche nach geeigneten Nachfolgekandidaten, sondern beraten auch bei der operativen Übergabe. Solche Experten können dabei helfen, dass beide Seiten eine realistische Einschätzung des Wertes des jeweiligen Betriebes bekommen, erklärt Zehetner-Piewald. Die Kosten sind je nach Leistung unterschiedlich. Es kann ein fixes Beratungshonorar oder ein variables Vermittlungshonorar verhandelt werden. Letzteres liegt meist zwischen zwei und drei Prozent des Verkaufswertes. 

Wie findet man einen Makler? In vielen Fällen müssen potenzielle Übergeber sich gar nicht lange auf die Suche nach einem Makler machen, denn sie werden von den Vermittlern gefunden. Nur kurz nachdem Karl Meixner seinen Betrieb in der kostenlosen Übergabebörse inserierte, wurde er von einem Makler kontaktiert. „Was dafür spricht, ist, dass ich mich nicht um alles selbst kümmern muss. Natürlich kostet ein Makler auch etwas. Darum bin ich mir noch nicht sicher, ob ich ihn letztendlich beauftragen werde“, erklärt Meixner.   

Zukunftspläne

Der Wirt stellt sich hinter seine Bar und blickt in die vor dem Mittagsgeschäft noch leere Gaststube. Sein Beruf habe ihm immer Spaß bereitet, aber ihm und seiner Frau auch wenig Zeit für Urlaub gelassen, erzählt er. Wenn er in Pension sein wird, möchte er seiner Segel-Leidenschaft verstärkt nachgehen. Ein Schiff soll angeschafft und ein Anlegeplatz bei Triest gemietet werden. Den Erlös der Unternehmensübergabe hat er in seinem Kopf schon gut investiert. 

Checkliste

  • Gibt es Kandidaten in der ­Familie oder im Betrieb?
  • 2–3 Jahre vor Übergabe mit Suche beginnen
  • Lassen sich Verträge einfach umschreiben (z. B. bei GmbH) oder nicht (Einzel­unternehmen)?
  • Nachvollziehbare ­Kalkulation des Unternehmenswertes ­machen