Kulinarik
Die Renaissance der Kletze
Oben: Haubenköchin Tina Marcelli schwört auf die Kletze.
Die unscheinbaren Kletzenbirnen, einst unverzichtbare Winternahrung, erleben eine Wiedergeburt in der heutigen Kulinarik. Einen gelungen ersten Auftritt in Form von köstlichen Rezepten feierte die hutzelige Frucht auf dem ersten Slow-Food-Wintermarkt am Stiegl-Gut Wildshut, der von den Salzburger Slow-Food-Präsidentinnen Ilse Fischer und Alexandra Picker organisiert wurde.
Kletze als zentrale Geschmacksträgerin
Dass Kletzen nicht nur im traditionellen Kletzenbrot Verwendung finden können, beweist auch die aufstrebende Haubenköchin Tina Marcelli – frischgebackene Gault-Millau-Köchin 2025, 3-Falstaff-Gabeln und ein grüner Michelin-Stern – aus dem Südtiroler Ahrntal. Sie hat die Kletze als zentralen Geschmacksträger köstlicher Speisen wie etwa hauchdünn herausgebackener Kletzenkrapfen und einer raffinierten Nudelkreation in Kombination mit Birnen Chutney entdeckt. Sie verarbeitete geriebene Kletzen in den Teig und kombinierte diesen mit einer Käsebéchamel-Füllung. Eine Brücke zwischen Tradition und Moderne schlägt auch der Kärntner Franziskus Koch mit einer süßen Nudelvariation. Er füllt Kärntner Nudeln mit einer Mischung aus weichen, passierten Kletzen, Topfen, Zimt und Honig.
Vom „Mauerblümchen“ zur Gaumenfreude
Während die kleinen Früchte mit gerade einmal vier bis fünf Zentimetern Durchmesser zumindest optisch kaum mit den prallen Birnen aus dem Supermarkt konkurrieren können, entfalten sie nach behutsamer Nachreife und dem traditionellen Dörrprozess ein einzigartiges Aroma, das sie zu einer besonderen Zutat macht. Ihr Comeback verdanken die Kletzen zweifellos moderner kreativer Kochkunst und der Slow-Food-Bewegung.
Die Wiederentdeckung der Kletze ist auch das Verdienst engagierter Idealisten. Luigi Faleschini aus dem Kanaltal widmet sich der Rettung und Kultivierung alter Birnbäume. Genauso engagiert sich Herwig Ertl aus Kötschach-Mauthen, ein Pionier der Slow-Food-Bewegung in Kärnten, für die Rückkehr der hutzeligen Frucht.
Warum die Kletze gerade im Stiegl-Gut Wildshut auf die Bühne geholt wird, erklärt Alessandra Kiener: „Wir sind hier in Wildshut eine Slow-Food-Brauerei und leisten mit alten Sorten wie dem Laufener Landweizen als Ursprungsgetreide oder der Urbiene, die das Klima hier verträgt, einen Beitrag zur Bio-Qualität und Regionalität.
Die Kletze hat das Potenzial, als kulinarischer Schatz wieder festen Platz in der Küche und auf dem Markt zu finden. Mit Projekten wie dem Slow-Food-Wintermarkt oder der Wiederaufforstung alter Birnbäume steht die Zukunft dieser alten Delikatesse auf soliden Wurzeln.