Salzburg

Innovator für die Gastro-Szene

Gastronomiekonzepte
10.07.2024

Von: Gerhard Reiter
Ein chinesischer Spitzenkoch, der in Salzburg seine neue Heimat gefunden hat, zeigt eindrucksvoll vor, wie man die Gastro-Szene auch in der touristisch verwöhnten Festspielstadt neu belebt.
Yaoyao

Es sind bis heute die längsten Nudeln der Welt“, lächelt Yaoyao Hu. „Ein Weltrekord, der wegen eines formalen Missverständnisses allerdings nicht offiziell im Guinness-Buch der Rekorde aufscheint“, ergänzt der in Südchina geborene Hu, der im Jahr 1988 mit seiner Mutter nach Salzburg gekommen war. Handgezogene Nudeln sind die besondere Leidenschaft von Hu. Stolze 581 Meter lang waren diese Nudeln bei seinem Weltrekord-Versuch im Jahr 2014 und sind es bis heute.

Seit 2010 betreibt Yaoyao im Salzburger Einkaufszentrum Europark sein gleichnamiges Restaurant und setzt dabei auf ein ausgeklügeltes, von ihm selbst entwickeltes Konzept: Kochen auf Hauben-Niveau zu erschwinglichen Preisen. „Ich wurde von Gault Millau und von Falstaff mit einer Haube ausgezeichnet. Mein Bestreben war schon immer eine Küche gehobener Klasse. Es geht mir aber nicht darum, in der Topliga der Gastronomie mitzumischen. Mein Ziel ist vielmehr eine qualitätvolle Küche, die aber für viele Menschen erschwinglich bleiben soll“, betont Yaoyao Hu. „In einem Einkaufszentrum ist das nämlich sehr wichtig. Man hat hier nicht das exklusive Publikum und es ist kein Ort, wo man besonders nobel essen geht.“

Mit Qualität in die Breite

Hu setzt auf qualitativ hochwertige Speisen, die aber für ein breites Publikum erschwinglich sein sollen. „Zwei Drittel der – ausschließlich frisch zubereiteten – Gericht auf meiner Speisekarte kosten unter zehn Euro. Seit Corona hat sich auch bei mir die Personalproblematik verschärft. So kam mir die Idee, im Service mit zwei Servier-Robotern zu arbeiten. In meiner chinesischen Heimat ist der Einsatz von Robotern schon länger üblich – nicht nur in der Gastronomie, sondern etwa auch in Seniorenheimen oder Krankenhäusern. Angesichts des Personalmangels habe ich dann den Versuch gewagt, obwohl ich zunächst selbst Bedenken hatte, ob die Kunden das akzeptieren. So habe ich zwei Servier-Roboter angeschafft. Rund 17.000 Euro kostet ein solcher Service-Mitarbeiter. Er wird fünf Stunden lang aufgeladen und kann danach zwölf Stunden lang arbeiten. Nach einem halben Jahr hat er sich amortisiert. Es war mir aber wichtig, die dadurch langfristig erzielte Kostenersparnis an die Kunden weiterzugeben. Und die maximal zehn Euro für zwei Drittel der Gerichte auf meiner Karte sind nur so möglich. Denn bei den Speisen hat Qualität für mich oberste Priorität.“.

Lachs in Eigenzerlegung

Hu setzt insbesondere auf Nudelspezialitäten und Sushi-Gerichte: „Bei letzteren achte ich streng auf die Qualität des Lachses. Fünf bis sechs Stück ganzen Lachs zerlegen meine Köche pro Tag, das entspricht sieben bis acht Kilo. Der Lachs wird in der Früh zerlegt und am selben Tag verarbeitet. Ich kaufe den Lachs nicht in Norwegen, sondern von den Färöer-Inseln oder aus Island. Während norwegischer Lachs schon für zehn Euro pro Kilo erhältlich ist, kostet mich Lachs von den Färöer-Inseln schon im Einkauf 22 Euro je Kilo. Dabei kommt im Schnitt noch einmal 50 bis 60 Prozent an Abfall dazu, sodass mich dieser Lachs im Endeffekt rund 45 Euro je Kilo kostet – und ausschließlich Lachs dieser Qualität wird bei mir zu Sushi verarbeitet.“

Überhaupt setzt Hu auf eine „gesamtasiatische“ Küche, setzt dabei aber auf Kreativität: „Bei mir gibt es keine ‚Acht Schätze“ oder süß-saures Schweinefleisch wie in den meisten China-Restaurants. Ich tüftle alles selbst aus und probiere es dann auch selber – und nur, wenn mir ein Gericht selber schmeckt, schule ich meine Köche darauf ein setze es auf die Karte. Bei den Zutaten ist mir die Zusammenarbeit mit regionalen, österreichischen Produzenten wichtig. Meine Sojasauce etwa lasse ich bei Michael Löscher in der Steiermark produzieren, das Maishendl kommt aus Kärnten und das Spezialmehl für meine handgezogenen Nudeln aus Niederösterreich. So entsteht dann zum Beispiel mein Maishendl mit thailändischem Curry und handgezogenen Nudeln.“ Zudem hat Hu auch mit kompetenten Partnern auch etliche Getränke selbst entwickelt, wie etwa Mangosaft, Johannisbeersaft, aber zum Beipiel auch ein Ingwer-Bier.

Ausgeklügeltes Bestellsystem

Für sein Restaurant „Yaoyao“ im Europark hat Hu jüngst zudem ein ausgeklügeltes Bestellsystem entwickelt. Es ermöglicht den Kunden,  auf einem Tablet am Tisch zu bestellen und gleichzeitig dort auch per Karte zu bezahlen. Eine auf grün geschaltete Lampe am Tisch signalisiert, ob der Platz dort gerade frei ist oder reserviert werden kann. „Im Schnitt konsumieren meine Gäste – Getränke inklusive – um 25 bis 30 Euro. Das ist für ein Haubengericht ein fairer Preis, und die Gäste wissen es zu schätzen. Mittlerweile liegt mein Stammkunden-Anteil bei 70 Prozent, und nur 30 Prozent sind Laufkundschaft. Das ist für ein Einkaufszentrum ein absolut unüblicher Wert. Aber in einem Einkaufszentrum ist es eben nicht üblich, abends in ein Haubenlokal essen zu gehen. Mein Restaurant hingegen ist am Abend oft noch voll, wenn die übrigen Geschäfte längst schon geschlossen haben. Und die Zufriedenheit meiner Kunden bringt mir jede Menge Mundpropaganda, was mir im Gegenzug hohe Werbekosten erspart“, grinst der findige „Salzburg-Chinese“, der demnächst seinen 50er feiert.