ÖGZ-Test: Apfelsaft, das Einser-Getränk
Pur oder g’spritzt? Entscheidender als diese Frage ist für Apfelsaft, das wichtigste Erzeugnis der heimischen Obstpressen, das natürliche Zucker-Säure-Verhältnis. Die ÖGZ kostete sich durch – und weiß jetzt mehr.
Man braucht gar nicht bis zu Adam und Eva zurückgehen, um Belege für die Beliebtheit des Apfels zu finden. In Österreich sind die Obstbäume allgegenwärtig. „Alle, die bei uns einen kleinen Grund haben, besitzen zumindest einen Kronprinz-Rudolf-Baum“, brachte es Andrea Hörzer („Josef Bar“) bei der Verkostung auf den Punkt. Auch ein Wirtshaus mag vielleicht ohne Cola oder Orangensaft auskommen, ohne Apfelsaft allerdings ist es für viele Gäste bis heute kaum denkbar. Doch blättert man in der heimischen „Fruchtsaftverordnung“, wird schnell klar: Vieles liegt in der Verantwortung der Apfelsaft-Presser.
Ob es sich um Frischsaft, Direktsaft, Fruchtsaft oder Fruchtsaftkonzentrat handelt, zeigt meist nur ein genauer Blick auf das Etikett. Für die Gastronomie stellt der frisch gepresste Saft kaum eine Option dar – seine Haltbarkeit ist zu kurz. Allenfalls im gehobenen Bar-Segment gibt es Ausnahmen: „Wir hatten einmal einen Drink mit Rum und frisch entsaftetem Apfel“, so Philipp M. Ernst, einer der Mitverkoster. In der Regel werden daher entweder ungekühlter Direktsaft (er wurde pasteurisiert) oder Saft aus Konzentraten – die bis zu einem Siebentel weniger Transportvolumen verursachen – verwendet. Im direkten Vergleich konnten das „Apfel-Quintett“ der ÖGZ beide Varianten überzeugen. Geht es um die häufige Bestellung eines gespritzten Apfelsafts, machte es auch wenig Unterschied, ob gleich vom Hersteller, in der Schankanlage oder à la minute mit Soda gemixt wurde. Zumindest zeigte das die Verkostung der zwölf Produkte, die mit einer Südtiroler Ausnahme allesamt von österreichischen Herstellern stammten.
One size does not fit all!
Auffällig war hingegen die Divergenz zwischen Geruch und Geschmack; was grüne Kräuter an die Nase brachte, konnte dennoch ausgeprägten Geschmack tropischer Früchte aufweisen. Da der Sortenmix der Hersteller Betriebsgeheimnis ist, gab es auch alle Facetten des Apfels in flüssiger Form zu verkosten. Fast „birnige“ Frische, deutlichen Gerbstoff, aber auch spritzige Übermütigkeit oder satte Reifetöne. Entscheidend war hier die Verkostung mit Sodawasser (direkt aus dem Siphon). Nicht alle Aromen blieben in dieser Servier-Art erhalten, die besten Säfte allerdings legten sogar zu, da die Kohlensäure auch dezente Beinoten – etwa Zitrus – zu heben imstande war. Der größte Lernpunkt, da war sich die ÖGZ-Runde einig, aber ist die Vielschichtigkeit des vermeintlich simplen Getränks Apfelsaft. Sollte man sogar mehr als einen auf die Karte setzen? Die Verkostung legt das durchaus nahe. Und liefert gleich ein paar Einkaufsvorschläge.
DIE SIEGER
FRANZ JOSEF Rauch 100 % Apfel klar, by t.vierich
KOHL GRAND CRU Berg- apfelsaft Wintercalville, by t.vierich
GRAPOS Grapi Apfel, by t.vierich
Die weiteren Teilnehmer
GRAPOS Grapi Apfel trüb, by t.vierich
Pfanner 100 % Apfel naturtrüb, by t.vierich
Pago Bio Apfel, by t.vierich
GRAPOS Brooklyn Bio Apfel , by t.vierich
Pago Apfel, by t.vierich
FRANZ JOSEF Rauch 100 % Bio Apfel naturtrüb, by t.vierich
GRAPOS Brooklyn Bio Apfelsaft, by t.vierich
FRANZ JOSEF Rauch Bio Apfel naturtrüb g’spritzt, by t.vierich
Pfanner 100 % Apfel klar, by t.vierich
Die Verkoster: Apfel-Quintett
Wie kommen die Apfelsaft-Bewertungen zustande? Die ÖGZ lud renommierte Hersteller ein, kostenpflichtig ihr Angebot für die Gastronomie einzureichen. Diesen Querschnitt durch das Marktangebot verkostete die Jury, um die Besten der Kategorien „Apfel klassisch“ und „Apfel naturtrüb“ zu ermitteln.
Gastgeber waren zwei gebürtige Steirer (Weiz bzw. Hartberg), Andrea Hörzer und Philipp M. Ernst, die in Wien 1 die Bar „Josef“ betreiben. Sommelière Sylvie Hütter komplettierte mit Haubenkoch und Austro-Produkt-Liebhaber Daan de Val (Restaurant „Deval“) die Runde. ÖGZ-Autor Roland Graf hielt die Eindrücke der gedeckten Verkostung fest. Die Summe der individuellen Bewertungen ergab die Träger des ÖGZ-Gütesiegels 2020 in Gold.