Interview
Eurogast: Nicht zu bremsen
ÖGZ: Herr Krug, wie würden Sie den Umsatzanstieg der Eurogast quantifizieren, insbesondere nach den Neuzugängen in Verbindung mit der AGM-Liquidation von 2022 auf 2023?
Peter Krug: Wir können es beziffern, aber die Sichtweise für den Umsatz ist komplex. Die Zahlen für 2023 haben wir gerade hochgerechnet. Sie ergeben, dass sich die Abschlüsse auf etwas mehr als 500 Millionen belaufen werden, ohne die Kooperationspartner in Südtirol. Inklusive Kooperationspartner rechnen wir mit circa 590 Millionen und einem Umsatzplus von 15 Prozent. Wobei die Prognosen aus meiner Sicht trotzdem vage sind, weil wir immer wissen, dass Hotellerie und Gastronomie sehr sensibel auf externe Einflüsse und Gegebenheiten reagieren.
Heute ist man an den Gedanken schon wieder gewohnt, dass es ein gewisses Überangebot gibt und dass der Krieg in der Versorgung keine Rolle mehr spielt. Aber wir wissen alle, dass sich das ganz schnell wieder ändern kann. Derzeit läuft es sehr gut. Wir haben 2022 bereits einen großen Schub erlebt, mit dem wir absolut nicht gerechnet hatten. Und aus heutiger Sicht werden wir 2023 noch einmal auf hohem Niveau draufsetzen können.
Wie liegt die Eurogast dadurch 2023 im Gastro-Großhandels-Marktanteilsvergleich gegenüber Metro und Transgourmet?
Basierend auf den Gastrodata-Zahlen hat Eurogast einen Marktanteil von 19,1%. Das muss man jedoch mit etwas Vorsicht genießen, da es sich um Zwischensaisonzeiten handelt. Anders als andere Gastro-Großhändler wie Metro oder Transgourmet sind wir von der jeweiligen Saison abhängig. Die Zahlen steigen zum Sommer hin, fallen im Herbst wieder ab und steigen im Winter erneut. Bis zum Jahresende müssten circa 25 herauskommen. Die Marktdaten der Metro und Transgourmet habe ich nicht vorliegen, die Marktdaten werden sich jeweils um die 30% bewegen. Aus meiner Sicht ist Eurogast und Transgourmet einer der großen Gewinner dieser Konsolidierung.
Wie wirkt sich dieser hohe Marktanteil bei den Lieferanten aus? Erhalten Sie bessere Konditionen? Als Eurogast setzen wir auf langfristige und faire Partnerschaften. Umsatzwachstum und Konditionswachstum sind aus meiner Sicht nicht gleichzusetzen. Wer beste Konditionen erhalten will, der muss auch die besten Leistungen erbringen. Unsere Lieferanten, ich nenne sie Partner, wissen, was sie an Eurogast haben. Dementsprechend bedienen sie uns auch. Wir müssen fordern, aber eine Forderung ist immer mit einer Leistung verbunden. Wir fragen nicht einfach nach Umsatzwachstum und nach besseren Bedingungen, sondern wir stellen uns die Frage, wie wir ihr Produkt besser am Markt platzieren können. Wie können wir gemeinsam noch mehr bewegen, und wie setzen wir diese Konditionen am Markt bestmöglich um?
Wie kann man mit dieser Strategie kurzfristig erfolgreich sein?
Diese Vorgehensweise wird nicht kurzfristig, aber langfristig sehr erfolgreich sein. Das hat uns die Pandemie bestätigt. Wir haben langfristige Geschäftsbeziehungen zu unseren Kunden, und die sehen es genauso. Man muss die Wertschöpfungskette immer gesamtheitlich betrachten. Wir gehen davon aus, dass uns die Industrie sehr fair bedient, denn Eurogast mischt mittlerweile, zumindest in Österreich, maßgeblich mit.
Wie hat sich der Anteil der Lieferumsätze im Vergleich zu den Abholumsätzen in der Eurogast-Gruppe nach den Neuzugängen verändert? Den aktuellen Zahlen zufolge liegen wir bei 75 Prozent Zustellung und 25 Prozent Abholung. Dabei ist zu sagen, dass auch die C+C Märkte mitwachsen, speziell mit den neuen Formaten der Markthallen. Mit Speckbacher haben wir zum Jahreswechsel ein neues Markthallenformat eröffnet. Da sieht man, dass auch die Abholung ihre sehr gute Berechtigung hat, auch wenn die Zustellung stärker wächst.
In welchen Gegenden Österreichs gibt es noch Nachholbedarf, wo wollen Sie noch wachsen?
Das ist kein großes Geheimnis am Markt. Jeder weiß, dass wir speziell westwärts flächendeckend besonders gut aufgestellt sind. Dort befinden sich die traditionellen Kernmärkte der Eurogast mit ihren hohen Marktanteilen. Mit dem neuen Gesellschafter der „Zeller Gruppe“ in Salzburg, wo wir bisher nur schwach vertreten waren, wurde dieser nochmals verstärkt. Während der Pandemie haben wir Marktanteile verloren und haben uns deshalb neuen Szenarien zugewandt. Eurogast wird zukünftig vermehrt Key Account Kunden bedienen und hat hierfür eine eigene Vertriebsorganisation gegründet um die gewünschten Anforderungen dieses wichtigen Kundensegmentes auch gerecht zu werden. Sie profitieren von zentralen Strukturen einer homogenen Eurogast-Truppe, bestehend aus Ansprechpartnern, Fakturierungsmöglichkeiten und Artikelsortimenten. Mit der Konzentration auf diese Kunden- Gruppe können wir nun auch zukünftig hier mit der bewährten Eurogast Qualität punkten.
Werden Sie auch heuer neue Mitglieder akquirieren?
In meiner Stellenbeschreibung steht, dass es zu meinen Aufgaben gehört, für Wachstum zu sorgen und Mitglieder zu akquirieren. Ja, wir sind immer bemüht, Gleichgesinnte an Bord zu holen.
Wird das gelingen?
Ob das heuer klappt, können wir noch nicht sagen. Aber wir bemühen uns um neue Unternehmen in Österreich. Dabei legen wir Wert darauf, dass die Eurogast-Qualität gewährleistet bleibt. Wir sind kein Einkaufsverein, bei dem es nur um Konditionsgewinnung geht. Wir sind ein Zusammenschluss mit Werten und Dienstleistungen, die der Gesellschafter umsetzen und am Markt leben muss. Deswegen sind wir nicht nur auf Akquisition und Umsatzzuwachs aus, sondern wir achten darauf, dass die Qualität für alle unsere Kunden in Österreich gewährleistet wird. Es darf keine Unterschiede in der Belieferung geben.
Kann Eurogast mit regionalen Sortimenten und einer Anpassung an die regionalen Anforderungen ihrer Gastronomiekunden gegen die strafferen Handelskonzerne Metro und Transgourmet konkurrieren?
Wir gehen davon aus, dass die unterschiedlichen regionalen Anforderungen das Geheimnis unseres Erfolgs sind. Nicht alle Prozesse sind für jeden Kunden passend. Kleinere, unabhängig reagierende Gesellschaften können naturgemäß viel besser auf Wünsche, auf Regionalität und Sonderlösungen eingehen. Familiengeführte und kleinere Unternehmen passen nicht in den Prozess großer Konzerne hinein. Und genau da setzen wir an. Wir sorgen für eine regionale Wertschöpfung, die vor Ort bleibt. Die Wertschöpfung fließt nicht ins Ausland ab, sondern sie bleibt dort, wo auch der Kunde seine produktiven Ergebnisse erzielt, wo der Gast übernachtet und wo das Restaurant angesiedelt ist. Dort sind auch wir.
Auch unsere Lieferanten profitieren von dieser Flexibilität. Wir haben ein zentrales Sortiment, und wir können bis zur letzten bäuerlichen Struktur in den Regionen alles abbilden. Hierfür haben wir die Voraussetzungen geschaffen, damit alles auch technisch funktioniert. Wir haben zentrale Artikelstämme, die regionale Dienste leisten. Wenn unsere Bauern ein Produkt oder eine Dienstleistung an einen Großhändler geben will, der diese Waren wiederum der Gastronomie anbietet, dann sorgen wir dafür, dass die Artikelstämme on top sind. Und der Händler vor Ort sorgt dafür, dass die Logistik funktioniert und die regionale Partnerschaft gelebt wird. Diese Idee passt in große Konzerne nicht hinein. Wir glauben, dass sich Hotellerie und Gastronomie in genau solche Bereiche hinein entwickeln wird und wir hier auch noch mehr Marktanteile erzielen können. Regionale Kooperationen im Großhandel schaffen es meist nicht über die 15-Prozent-Hürde Marktanteilsmäßig hinaus. International gesehen sind wir deutlich höher angesiedelt, was auch damit zu tun hat, dass wir in Österreich eine sehr lebendige Hotellerie- und Gastronomiekultur leben. Unsere Gastronomen profitieren von einer großen Vielfalt. Sie brauchen keine einheitlichen, sondern individuelle Produkte. Für diesen Bedarf sind wir die besseren Partner.
Ist es aus Ihrer Sicht ein Nachteil, dass Eurogast und Transgourmet dieselbe Einkaufsplattform (Top-Team, Anm.) nutzen?
Wir sehen Top-Team als sehr erfolgreich an. Man muss aber auf die Hintergründe dieser Plattform schauen. Wir verhandeln hier meist mit internationalen Großkonzernen, mit den Unilevers, Camparis und Bacardis dieser Welt. Für die ist Österreich nur ein kleiner Player mit 1 bis 2 Prozent vom Umsatz. Wir müssen unser Geschäft in Österreich deshalb bündeln, um Markenartikel zukünftig leistungsfähig anbieten zu können. Das sehen wir teilweise auch im Einzelhandel. Durch gewisse Strukturen ergeben sich Preisstellungen, während man gleichzeitig in der Zeitung liest, dass das Produkt xy in Deutschland günstiger ist. Mit Hilfe der Plattformen können wir dafür sorgen, dass uns dieser Nachteil nicht entsteht, und das soll unseren Kunden zugutekommen.
Eurogast Österreich
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