Rückblick
Das war der ÖHV-Kongress 2024 in Graz
Der ÖHV-Kongress 2024 in Graz hat eine breite Palette von Themen aufgegriffen, die die Zukunft der Hotellerie in Österreich prägen. Der Kongress fokussierte auf politische, demografische, technologische, finanzielle und nachhaltige Aspekte der Hotellerie.
Den inhaltlichen Rahmen des Kongresses setzte Susanne Kraus-Winkler, die die Bedeutung von Transformation und Akzeptanz im Tourismus betonte. Sie wies darauf hin, dass der demografische Wandel und der Rückgang der Geburtenraten einen zunehmenden Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in der Tourismusbranche nach sich ziehen werden. Besonders relevant sind dabei die politischen Werkzeuge wie die Rot-Weiß-Rot-Karte und das Saisonierskontingent, die entscheidend für die Sicherung des Arbeitsmarktes sind.
Barbara Aibinger-Miedl, Landesrätin für Tourismus in der Steiermark, unterstrich die Wichtigkeit der Marke Steiermark und der Notwendigkeit, die Region als attraktiven Arbeits- und Lebensraum zu positionieren. Ihr Appell an die Tourismusakteure, die Unterstützungsangebote wie den Toolkasten der Steirischen Tourismus- und Standortmarketing GmbH (STG) zu nutzen, verdeutlicht die aktive Rolle, die regionale Körperschaften in der Branchenförderung spielen.
Initiative Zukunft Tourismus
In seiner Eröffnungsrede unterstrich ÖHV-Präsident Walter Veit die Dringlichkeit und das Ausmaß der Transformation, die die Tourismusbranche durchlebt. Mit den Worten „Hört auf die Experten!“ appellierte er an die Kongressteilnehmer, die Tiefe der laufenden Veränderungen nicht zu unterschätzen und die Vorbereitung darauf ernst zu nehmen. Veit betonte die Bedeutung der Zusammenarbeit mit Fachleuten und stellte die neu gegründete „Initiative Zukunft Tourismus“ vor, eine parteiunabhängige Plattform, die zur Unterstützung der Tourismuswirtschaft ins Leben gerufen wurde. Die Initiative wird von Michaela Reitterer und Paul Blaguss geleitet und vereint acht wichtige Verbände und Organisationen, darunter die ÖHV, der Österreichische Reiseverband, der Bund Österreichischer Tourismusmanager, das Verkehrsbüro und Casinos Austria. Diese Zusammenführung von Expertise zielt darauf ab, effektiv mit politischen Entscheidungsträgern zu kommunizieren und die Interessen jener zu vertreten, die sich in einem hart umkämpften Marktumfeld behaupten müssen. Veit schloss mit einem kraftvollen Aufruf zur Einheit in der Branche: „In diesem Sinne: Wir sind, wir leben die Transformation!“
Hajeks Einschätzungen zur Zukunft des Arbeitsmarktes
Motivforscher Peter Hajek bot tiefgreifende Einsichten in die demografischen und arbeitsmarktbezogenen Herausforderungen, mit denen die Hotellerie in naher Zukunft konfrontiert sein wird. In seiner Keynote beleuchtete er die kritische Lage des Arbeitsmarktes, geprägt durch einen Rückgang der arbeitenden Bevölkerung infolge niedriger Geburtenraten und einer zunehmenden Zahl von Pensionierungen - so weit, so bekannt. Hajek wies darauf hin, dass diese Entwicklung bereits von Demografen vorhergesagt wurde und betonte die Wichtigkeit, sich auf diese Experten zu verlassen statt auf die oft wechselhaften Prognosen von Politikern oder Meinungsforschern. Er diskutierte auch die Rolle des Vertrauens in politische Führungskräfte, das historisch gesehen oft schwankend war, und wie sich dies in der heutigen Zeit, in der Menschen sich durch den Zugang zu digitalen Informationen mehr Kompetenz zuschreiben, weiter kompliziert hat. Hajek forderte die Zuhörer auf, sich bewusst zu sein, dass die Bewältigung dieser Herausforderungen adaptive Strategien und eine realistische Einschätzung der verfügbaren Arbeitskräfte erfordern wird, um die Zukunftsfähigkeit des Tourismussektors sicherzustellen.
Komfortzonenprobleme
Wolf Lotter, ein renommierter Vordenker in der Thematik der gesellschaftlichen Transformation, lieferte Einblicke in die Veränderungen, die im Zuge des Übergangs von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft stattfinden. Sein Vortrag griff die Maslow'sche Bedürfnispyramide auf, um die Verschiebung in unseren Grundbedürfnissen im Kontext der modernen Gesellschaft zu verdeutlichen. Lotter argumentierte, dass die Basisbedürfnisse wie Essen und Sicherheit weitgehend erfüllt sind, doc h auf der dritten Ebene der sozialen Bedürfnisse beginnen die Komplexitäten, vor allem durch die Notwendigkeit von Beziehungsarbeit, sich zu verdichten. Er kritisierte die Routinehaftigkeit im sozialen Umgang der Österreicher, was zu einer Art Komfortzonenproblem führe, das die persönliche und kollektive Entwicklung hemmt.
Lotter betonte weiterhin, dass auf der vierten Ebene der Individualbedürfnisse persönliche Befindlichkeiten und das Bedürfnis nach Sichtbarkeit, oft verstärkt durch soziale Medien, dominieren. Die Selbstverwirklichung, die höchste Stufe der Pyramide, wird in unserer Gesellschaft zunehmend durch Selbstdarstellung ersetzt, wobei inhaltliche Aspekte oft in den Hintergrund rücken. Er unterstrich die Bedeutung von Wissensarbeitern in diesem Transformationsprozess, die mehr über ihre Tätigkeiten wissen als ihre Vorgesetzten und die als Schlüsselakteure für Innovation und Wachstum angesehen werden sollten. Lotters Vortrag forderte die Zuhörer auf, die gegenwärtigen Veränderungen aktiv zu gestalten und nicht nur zu reagieren, sondern eine reflektierte und bewusste Transformation der Gesellschaft zu fördern.
Teure offene Stellen
Spannende Erkenntnisse brachte die von ÖHV-Generalsekretär Markus Gratzer und Monika Köppl-Turyna, Direktorin von EcoAustria, präsentierte Studie über Branchen- und Standorteffekte des Arbeitskräftemangels. Wie die von der ÖHV bei EcoAustria in Auftrag gegebene Analyse zeigt, hat das Freibleiben von 9.500 Stellen deutliche Folgen für die Wirtschaftsentwicklung. Die direkten wie auch indirekten Effekte summieren sich zu einem BIP-Rückgang von 1,2 Milliarden Euro, wobei sich die direkten Effekte mit 900 Millionen, die indirekten Auswirkungen in vorgelagerten Branchen mit 300 Millionen beziffern lassen.
Der Großteil der Effekte entfällt auf die Hotellerie, gefolgt von Immobilien und Handel. Wie Gratzer betonte, sind rasche Gegenmaßnahmen alternativlos. In ein Maßnahmenpaket gehören: Weniger Saisonalität durch Stärkung des Ganzjahrestourismus, Angebotsentwicklung und die Ansprache neuer Zielgruppen, wie etwa der „digitalen Nomaden“.
ÖHV-Kongress kommt 2025 nach Innsbruck
Auf dem Kongress in Graz wurde auch das Geheimnis um den nächsten Austragungsort gelüftet: Der ÖHV-Kongress wird von 22. bis 24. Jänner 2025 im Congress Innsbruck stattfinden.
Eine ausführliche Nachlese zum ÖHV-Kongress 2024 finden Sie hier.