Tun statt handeln

Gastkommentar: Passend statt besser

Gastkommentar
07.07.2022

Die beste Bildungsstufe ist nicht diejenige, die laut irgendjemandem besser oder höher ist. Die beste Stufe ist jene, die passt.
Robert Frasch
Robert Frasch

Die beste Bildungsstufe ist nicht diejenige, die laut irgendjemandem besser oder höher ist. Die beste Stufe ist jene, die passt. Zum einzelnen Menschen oder zu dessen aktueller Situation, im Idealfall zu beidem.

Wer kennt sie nicht, die Geschichten von Studienabbrechern, die Weltkonzerne gründen? Steve Jobs oder Bill Gates sind nur zwei davon. Deren Biografien lesen wir mit Begeisterung und wünschen uns auch ein so prall gefülltes Bankkonto und den Einfluss der Mächtigen. Dieselben Leser jedoch reagieren mit Schnapp­atmung, wenn die eigenen Kinder in der Schule nicht mehr wollen. Lernen ist für Pubertierende meist weniger cool, als Erwachsene dies in ihrer verklärten Erinnerung haben. Wir bewundern einerseits jene Menschen, die mutig oder auch leichtsinnig genug waren, ihren eigenen Weg zu gehen. Wir sind uns einig, dass die genannten Vorbilder deshalb so erfolgreich sind, weil sie nicht dem Mainstream gefolgt sind.

Gleichzeitig wollen wir brave Kinder, die stromlinienförmig Richtung Erfolg gleiten. Auf einem für uns überschaubaren Weg, der von einer Bildungsstufe zur nächsten reicht, bis die höchstmögliche Bildung erreicht ist. Falls Sie jetzt glauben, das alles gelte nur für Eltern, dann werfen Sie mal einen kritischen Blick auf Personalinserate. Die gefühlte durchschnittliche Qualifikationsstufe für Assistentinnen ist mindestens ein Bachelor. Wenn wir uns als Arbeitgeber nicht vom Anspruch der höchsten Bildung befreien, verlieren wir den Blick auf all jene, die der Norm nicht entsprechen. Wer weiß, wie oft wir den Steve Jobs unserer Küche schon abgelehnt haben, weil er zu einer Schullaufbahn einfach nicht mehr passen wollte.

Zum Autor

Robert Frasch ist Gründer des ­Ausbildungsnetzwerkes www.lehrlingspower.at und schreibt an dieser Stelle über Ausbildung und ­Fachkräfte.