Dosage
Champagner fürs Volk
Friso Schopper schnöde als Tausendsassa zu bezeichnen, reicht bei Weitem nicht aus. Der umtriebige Netzwerker ist Autodidakt aus Leidenschaft und Überzeugung, und so führte ihn seine abwechslungsreiche Karriere in mehr als 30 Jahren zu unterschiedlichsten Aufgaben. Vom Texter und Kreativdirektor in den wilden 90ern der österreichischen Werbebranche über die Aufbruchsjahre des österreichischen Privatfernsehens als Chefredakteur bis hin zum Vollzeit-Netzwerker bei der AlphaCommunity und „Die Glücklichmacher“.
Freilich aber immer noch ein breiter Weg zum Bar- und Vinothekenbesitzer – oder eigentlich auch nicht. Denn von PR und Networking ist es bekanntlich nur ein ganz kleiner Sprung zur Eventbranche. Und wenn man so wie Friso genug Charme und Kreativität sowie dem vom holländischen Königshaus entliehenen Rufnamen statt eines sperrigen „Friedrich“ auch gleich eine einprägsame Eigenmarke mitbringt, ergibt sich manches ganz schnell. Als erste echte Station in der Gastronomie gilt das 2016 von seinem langjährigen Freund, Drei-Sterne-Koch Juan Amador, gecoachte Kitch Grill & Bar in Wien. Zuständig für Promotion, übernahm Friso auch gleich die Rolle des Hosts, um die zahlreichen Gäste aus seinem Netzwerk zu begrüßen.
Ein Geschenk
Wenn Männer sich der Lebensmitte nähern, sind unterschiedliche Begehrlichkeiten nicht selten. Männerspielzeuge meistens: Motorrad, Golfausrüstung, Porsche. Letzteres hat Friso schon Mitte dreißig abgehakt, Golf ist schon lange von der netzwerkerischen Notwendigkeit zur persönlichen Leidenschaft gereift. Was schenkt man sich als Kommunikator von Welt also selbst zum großen runden Geburtstag? Richtig, eine Champagnerbar. Wobei: Die mittlerweile nicht nur erfüllende, sondern auch ausfüllende Tätigkeit als Champagnerwirt und -händler war eigentlich gar nicht so geplant. Inspiriert von Vorläufern wie der legendären Reiss-Bar und dem heute noch beliebten Business-Treff Schwarzes Kameel, wollte Friso einfach nur seine eigene, kleine Network-Location aus der Taufe heben. Der Standort Wiener Innenstadt war die Vorgabe, das Lokal am Fleischmarkt ein Glückstreffer, der Rest ergab sich dann im Laufe von fünf Monaten von der Unterzeichnung des Mietvertrags bis zum Opening im Juli 2018 wie von selbst. Aber warum ausschließlich Winzerchampagner unabhängiger Häuser?
Wieder war es eine eher unbeabsichtigte Verknüpfung von Ereignissen, die Friso auf diesen Weg führte. Von Anfang an war klar, dass es Prickelndes ausschließlich aus der Champagne geben sollte. Kein Sekt, kein Cava, kein Cremant und weder Prosecco noch Spumante: Champagne, c’est tout. Zwar punkto Marketing und PR mit allen Wassern gewaschen, aber als angehender Lokalbesitzer noch recht unbeschlagen, wandte sich Friso mit besten Absichten, Businessplan und der bescheidenen Bitte um einen mittleren vierstelligen Betrag an ein großes, bekanntes Champagnerhaus. Als Gegenleistung am Tisch: exklusiver Ausschank, Branding und was man sonst so von Biermarken bei Restaurants kennt. Nämliches Champagnerhaus winkte blasiert ab. Schwerer Fehler, denn schon kurz darauf lernte Friso über Franz Messeritsch die Marken Trudon, Marie Copinet und Christophe Mignon kennen und erkor sie quasi zu Hausmarken in der „Dosage“, so der naheliegende Name für die Champagnerbar. Bereits im ersten vollen Geschäftsjahr gingen rund 2.000 Flaschen Trudon über die Theke.
Auch wenn am Anfang noch einige bekannte große Marken das vorerst noch kleine Portfolio an Winzerchampagner abrundeten, wurden diese konsequent ausgedünnt. Mit Reisen in die Champagne und eifrigen Messebesuchen konnte sich Friso so bis heute ein ansprechendes Portfolio von über 200 Champagnern aus 24 Häusern sichern, vieles davon exklusiv für den österreichischen Markt. Denn neben der beliebten Dosage spielt auch der Handel eine gewichtige Rolle in Frisos Champagner-Reich. Besonders schlagend wurde dies in den diversen Phasen der Lockdowns, wo die Bar kurzerhand zur Vinothek umfunktioniert wurde. Und Friso neben der persönlichen Auslieferung von Champagner an private und gewerbliche Kunden auch als streitbare Medienpersönlichkeit rund um die Farce der Schaumweinsteuer an vorderster Front der Gastronomie stand.
Eine Frage der Dosage
Was ist aber das Geheimnis eines Quereinsteigers, der nach eigenen Angaben seit der Eröffnung von Anbeginn wirtschaftlich erfolgreich ist? Nun, da wäre zuerst mal der Verzicht auf unnötige Overheads. Gewisses Lehrgeld in Form einer eher unangenehmen Erfahrung mit angestelltem Personal gehört hier dazu – seither steht Friso selbst hinter der Theke. Dazu der Verzicht auf warme Küche – es gibt Häppchen in Form von Prosciutto von Höllerschmid, Käsetrilogie, einer herrlichen getrüffelten Salami, Sardinen und Sardellen. Dass ihm sein alter Freund Juan Amador ein Beef Tatar kreiert hat, schadet dem Renommee natürlich auch nicht. Für Champagnerverweigerer gibt es eine Selektion handverlesener Weine, Kaffee, Alkoholfreies und sogar Bier. Und ja, es gibt auch Spirituosen, zum Beispiel Gin. Dazu später mehr. Was dem Gast in der Dosage zusätzlich zu den Gaumenfreuden noch in die Hände spielt, und das im wahrsten Sinne des Wortes, ist die Coupe Dosage: die einzigartige, exklusiv von Friso in Kooperation mit Zalto geschaffene Champagnerschale. Dieses voluminöse (Friso schenkt übrigens strikt achtelweise aus) und doch filigrane Behältnis auf Basis eines Burgunderglases hat sich schon selbst als Verkaufsschlager etabliert. Mehr als 1.000 Stück davon fanden schon den Weg in private Haushalte, sogar auf dem Postweg in verschiedene europäische Länder und sogar bis in die USA.
Der wohl wichtigste Faktor und ein großes persönliches Anliegen von Friso ist aber das Bestreben, Champagner weg vom angestaubten Image als elitäres Getränk für Feierlichkeiten zu holen, hin zum feinen Genuss für alle Tage. Die qualitativ absolut gleichwertigen, oft deutlich besseren Winzerchampagner liegen preislich meist deutlich unter den meist künstlich hochpreisig gehaltenen, bekannten Marken aus dem Handel. Ein Jahrgangs-Grand-Cru beispielsweise ist online im „frisoshop.com“ schon um deutlich unter 100 Euro zu haben – preislich und auch geschmacklich eine Kampfansage an die geläufigen Luxusmarken. Friso zieht hier eine verblüffende Parallele zum Golfsport: „In Schottland ist Golf ein völlig normaler und leistbarer Breitensport für die ganze Familie, völlig ohne das elitäre Getue vom Rest der Welt. Genauso sollte es mit Champagner auch sein: eine große Auswahl zu vernünftigen Preisen, und kein limitierter Kreis an überteuerten Luxusmarken.“ Das entspricht auch seinem Wunsch nach der Zukunft des Getränks: als Speisenbegleitung, mit vermehrter Akzeptanz der immer noch sträflich unterschätzen Rosé-Champagner und vor allem vermehrt biodynamisch. „Gerade die jungen Winzer in der Champagne setzen immer mehr auf Bio-Qualität, auch um den Preis geringfügig weniger Ertrags. Eine Entwicklung, die ja auch bei den heimischen Weinbauern durchaus im Trend liegt und von den Konsumenten positiv aufgenommen wird.“
Friso Schopper sprüht ganz entsprechend seinem Naturell als exzellenter Kreativkopf weiterhin vor Ideen. Eine davon, die bereits Realität wurde, ist „Frisos Gindarassabumm“ und „Frisos Giniestreich“, ein Gin mit Champagnerinfusion – Weltneuheit natürlich. Bereits in Vorbereitung: ein adäquates Produkt auf Rumbasis. Und vieles mehr, das an dieser Stelle noch nicht verraten werden kann. Aber selbst ein ausgesprochen kompetenter Texter wie Friso räumt gerne mal das Rampenlicht für eine gute Idee: Ausgerechnet sein charmanter Slogan „Champagner ist wie küssen“, der in Neonschrift von der Barwand leuchtet, stammt nicht aus seiner Feder, sondern von einer Champagnerhändlerin aus dem Rheinland. Wahr ist es allemal.
Dosage
Bar à Champagne:
Fleischmarkt 16
1010 Wien
Di–Do 18:00–00:00
Fr–Sa 17:00–01:00
www.dosage.at
Shop:
Mehr als 200 verschiedene Winzerprodukte sowie Delikatessen und Accessoires.
www.frisoshop.com