Jeder Gast bringt neue Inspirationen

ÖGZ-Porträt
24.11.2022

Toni Mörwald hat in den letzten Jahrzehnten ein Gastro-Imperium aufgebaut. Doch wie tickt er als Unternehmer? Die ÖGZ hat beim Spitzenkoch nachgefragt.
Toni Mörwald

Köche in Schubladen zu stecken ist nicht immer ganz einfach. Denn Schubladen sind etwas für Erinnerungen, nicht für Küchenstile. Toni Mörwald nach seinem Küchenstil zu fragen – das kann man sich schenken. Er, Mörwald, ist weder Vollblut-Traditionalist, aber auch kein Revolutionär. Er ist kein übertrieben stark ausgeprägter Individualist, kein sogenannter Heimatkoch, aber auch kein Weltkoch. Er ist von allem ein bisschen was, einmal mehr, einmal weniger, und genau das zeichnet ihn aus, dafür lieben ihn seine Gäste. 

Mörwald setzt auf beste Zutaten, auf regionale Zulieferer und wenn er davon erzählt, dass er alle Produzenten persönlich kennt, bei denen er einkauft, dann bekommt er diesen zufriedenen Blick. Die Beziehungen zu seinen Lieferanten sind geprägt von einem gegenseitigen Austausch. „Erst wenn der Lebensmittelproduzent versteht, was wir machen und ich verstehe, was er macht, dann kommen wir auf einen gemeinsamen Nenner“, sagt er. So funktioniere Wirtschaft auf engstem Raum. Mit dem, was man tut und macht, glaubwürdig zu sein, dass sei sein Credo. 

Am Zenit

Mörwalds Küche hat den Zenit ihrer Reife wohl schon lange erreicht. Und da oben gefällt es ihm offensichtlich sehr gut. Wohin soll er denn noch wollen? Souverän spielt er auf der Klaviatur der Regionalität und greift in die Schatzkammer heimischer Lebensmittel, ehrlich, niemals routiniert wirkend und auch nicht seine Wurzeln infrage stellend, die hier, nördlich der Donau im Westen des Tullnerfeldes liegen. 

Toni Mörwald
Toni Mörwald: „Jeder einzelne Tag ist für mich ein Highlight.“

Leuchttürme

Kontinuität scheint sein Leitmotiv zu sein. Doch, die Frage sei erlaubt, was waren denn seine bisherigen Highlights, wo stehen die Leuchttürme seiner Karriere? Wie wurde er zu dem, was er heute ist? „Ich wollte immer Weinbauer werden, so wie meine Eltern”, sagt Mörwald heute rückblickend. Das Wirtshaus – es gehörte seiner Tante Ricki –  sei dann zufällig dazugekommen. Eines Tages habe sie den Schlüssel auf den Tisch gelegt und gesagt: „Das Wirtshaus gehört ab morgen euch”. Mörwalds Vater habe daraufhin den Betrieb renoviert bzw. komplett neu aufgebaut, seine Mutter gekocht und so sei er langsam in diese Welt „hineingewachsen“. Die Hotelfachschule war der logische nächste Schritt, Stationen unter anderem bei Reinhard Gehrer und Alfons Schuhbeck folgten. Und dann baute Mörwald sein Imperium auf – Schritt für Schritt.

„Damals”, sagt er, „machte man keine Business Pläne für neue Projekte. Man vertraute ganz einfach auf sein unternehmerisches Bauchgefühl”. Das sei heute anders, zumal die Schnelllebigkeit ganz andere Rahmenbedingungen für Unternehmer schaffe. Mörwald habe einfach nur gekocht und immer weitergemacht. Irgendwann kam zum Gasthaus das Gourmetstüberl, mit 4 Tischen und 12-gängigen Menüs. Als das Gourmetstüberl zu klein wurde, habe er sich einfach weiter vergrößert. Und immer weiter … Mittlerweile gibt es in diesem Gebäudekomplex in Feuersbrunn 20 Gasträume sowie ein Hotel. „Das war aber so nie geplant”, bestätigt er. Und was waren denn nun die Highlights? „Jeder einzelne Tag ist für mich ein Highlight. Mit jedem Gast kommen neue Inspirationen und Ideen. Bei uns gibt es keinen Stillstand.“ 

Try and Error

Aber nicht aus jeder Idee wurde ein Erfolg. Try and error sozusagen. Ein Erfolg sind beispielsweise Toni Mörwalds Kochkurse. Wobei bei den meisten Teilnehmern weniger das Erlernen von Kochkünsten im Vordergrund stehe, sondern eher das Netzwerken, das gemeinsame Genießen, mit ihm, dem Spitzenkoch. Es gibt Stammgäste, die seit mittlerweile 30 Jahren regelmäßig seine Kochkurse besuchen, meist in Gruppen. Und seit es auch die Möglichkeit der Nächtigung gibt, ist das zu einem richtigen Business Case geworden. Kochkurs, Essen, Schlafen, Frühstücken und am nächsten Morgen entweder direkt bei lokalen Produzenten Lebensmittel einkaufen, oder diese in Mörwalds Feuersbrunner Markthalle beziehen.  Hier gibt es alles: vom glücklichen Hühnerei, über Obst und Gemüse genauso bis hin zu  Wild, Lamm und andere Fleischspezialitäten, aber auch Süß- und Seefische aus nachhaltiger Produktion sowie Brot und Milchprodukte. Der eine oder andere Gast kauft dann auch noch eins seiner Kochbücher – mehr geht fast nicht mehr. „Das kann man schon als einen ganz ordentlichen Wertschöpfungsprozess bezeichnen“, sagt Mörwald mit einer Portion Stolz.  So ein Business Case lässt sich nicht so einfach planen. 

Das gilt auch für seine Kochbücher. Mit „365 Rezepte für jeden Tag“ (siehe Buchtipp rechts) ist sein mittlerweile 28. Kochbuch erschienen, und das, owohl er jetzt einige Jahre pausiert habe mit seinen Büchern. Das neue Kochbuch soll den Esstisch wieder zum „aktiven Mittelpunkt unseres alltäglichen Lebens“ machen. Monatlich, wöchentlich, täglich. Deshalb gibt es auch für jeden Tag des Jahres ein Mörwald-Rezept. 
„Der Kochbuch-Markt ist sehr spannend. Einerseits wächst er, andrerseits kochen aber immer weniger Menschen tatsächlich selbst.“ Bücher sind en vogue. Aber sie müssen für Mörwald auch ein Business sein.  

Wer heute in die Gastronomie beruflich einsteigen will, kommt in eine Branche, die in einem tiefgreifenden Umbruch steckt. Berufseinsteigern rät Mörwald, die Augen offen zu halten, von anderen zu lernen und trotzdem den eigenen Leidenschaften und Neigungen treu zu bleiben. Ein wichtiger Faktor sei auch Zeit, die müsse man neuen Leuten geben. „Fördern und fordern“ lautet bei ihm das Motto.

Buchtipp

Toni Mörwald Buch 2022
Erschienen im Bandstätter Verlag. ISBN: 978-3-7106-0632-8 Format: 23.7 x 30 cm Seiten: 608 Einband: Hardcover 65 Euro

Toni Mörwald: 365 Rezepte für jeden Tag - Das kulinarische Lebenswerk des Spitzenkochs.