ÖGZ-Verkostung

Schankwein: Flüssiges „Täglich Brot“ auf dem Prüfstand

Top-Artikel
31.01.2023

Von: Roland Graf
Schankweine im ÖGZ-Test: Das „offene Achtel“ ist ­Visitenkarte, sozialer Kitt und Ritual an der Schank zugleich.
Weißwein

Könnte 2023 das Jahr des Schankweins werden? Einiges spricht dafür, denn so wenig „sexy“ der Begriff klingt, verbirgt sich aus Gästesicht ja nichts anderes dahinter als „guter Wein fürs kleine Geld“. Und dass in Zeiten der Inflation (von den Energiepreisen ganz zu schweigen!) wieder mehr auf den Glasinhalt denn auf das Prestige einer Etikette geachtet werden wird, liegt auf der Hand. Die ÖGZ widmet sich als einziges Medium seit Jahren dieser Kategorie, die man international als „bread-and-butter-wine“ bezeichnet. Das unterstreicht vor allem die wirtschaftliche Wichtigkeit des „täglichen Brots“ an der Schank. Das Stehachtel wird als sozialer Faktor konsumiert, leichter und öfter als ein Glas Wein zum Mittagsmenü, das es praktisch kaum noch gibt.

Schnittmenge aus Klasse und Masse

Im Idealfall ist der Schankwein aber keine Abfüllung zweiter Klasse, nur weil sie in großen Gebinden (und auch das nicht bei allen Winzern) angeliefert wird. Vielmehr besteht der Reiz in der Schnittmenge aus Klasse und Masse. Bei überraschend vielen Weinen, um ein Ergebnis des Kostquartetts vorwegzunehmen, drängte sich sofort eine Speisenempfehlung auf. Die Tage reiner Säuremonster, die erst im „Spritzer“ gezähmt wurden, sind vorbei. Dafür kommt schön langsam auch eine neue Kategorie in die Ehrenränge eines Weins „zum Ausachteln“: Als dritte Farbe neben Rot und Weiß – beide auf dem Prüfstand der ÖGZ – hat sich auch der Rosé etabliert.

Weißwein wird eingeschenkt
Schankwein: Die Liebe muss nicht auf den ersten Blick da sein, aber auch beim dritten Schluck noch bestehen!

Oberstes Gebot: Nicht fad sein!

Das passt auch gut, denn er bringt alles mit, was man von einem Schankwein erwartet: Frische, Würzigkeit und vor allem die wichtigste Qualität: nicht zu langweilen. Der gute Schankwein muss sich schließlich auch im Viertel oder im erwähnten Mixgetränk Nr. 1, dem „Spritzer“, konsumieren lassen. Um es mit einer Analogie zu sagen: Die Liebe muss nicht auf den ersten Blick da sein, aber auch beim dritten Schluck noch bestehen! Dann hat der Winzer einen Wein vorgelegt, der auch als soziale Klammer am Stammtisch erfolgreich ist. Er erfreut die Gelegenheitsgenießer, unterfordert aber die Kenner nicht. Dass dazu der Preis stimmen muss, macht diese „Übung“ umso schwerer. Und es nötigt besonders im aktuellen Jahrgang Respekt gegenüber den Produzenten ab; denn auch den heimischen Winzern wurden die Energiepreise erhöht. 

Publikumshit zum kleinen Preis

Ein „Publikumshit“ in ausreichender Menge und zum kleinen Preis? Wer dieses (nicht einmal in der Theorie einfach klingende) Anforderungsprofil am besten in die Flasche gebracht hat, erfahren Sie unten. Dort stellen wir die besten weißen, roten und „rosa“ Schankweine der Verkostung vor.

Die besten Schankweine 2023

Winzer Krems: ÖGZ-Gold für Schank-Tauglichkeit
Die traditionellen Kellergassen in Niederösterreich sind oftmals vom Verfall bedroht. Winzer Krems widmet sich mit der „Kellergasse im Bründlgraben“ dem Erhalt dieses historischen Kulturguts. Mit viel Liebe und Mühe wurden sieben ungenutzte Keller saniert und so wieder zum Leben erweckt. 
Kostnotiz: Verhalten im Duft, allmählich kommen aber schöne Birnen-, Quitten- und Apfelnoten zum Vorschein. Straffes Mundgefühl, das von frischer Säure und deutlicher Zitrusfrucht (vor allem Grapefruitzesten) geprägt wird. „Funktioniert sogar als Spritzwein – oder zu gebackenem Bries mit Erdäpfel-Mayo-Salat.“
Winzer Krems // Grüner Veltliner Classic 2022 / 12 % / SV / € 5,40 www.winzerkrems.at

Roman Schmidt: Gold für Schank-„Riesler“
„Wir betreiben seit dem Jahr 1932 Weinbau in der mittlerweile vierten Generation. Die nachhaltige Bewirtschaftung und ein ressourcenschonender Umgang mit der Natur sollen unserem Familienbetrieb auch für die nächste Generation die besten Voraussetzungen bieten“, so der Winzer.
Kostnotiz: Vielschichtiger Duft nach Melisse, Marillenblüten, Curryblättern und Ana­nas-Chips. Im Mund ebenfalls mit einer tropenfruchtigen Anlage, die an Papaya anklingt. Zarter Weißer Pfeffer und ein Nachklang von Pfirsich erhöhen die sortentypische Trinkfreude. Die Jury empfiehlt Topfenknödel oder Haluska.
Weingut Roman Schmidt //  Riesling / 1 l / 12,5 % / SV / € 4,24 www.weingut-schmidt.at 

Alfred Fischer: Hat alles – und jetzt auch Gold 
Das Weingut Fischer gehört zur Winzervereinigung „Vinum Rosalia“ im Burgenland. Alfred Fischer sagt dazu: „Unseren roten und weißen Qualitätswein exportieren wir weltweit. Genießen Sie köstlichen und hochwertigen Wein von unserem Weingut in Stöttera.“
Kostnotiz: Tolle Nase zwischen Sauerkirsche und Brombeere, die auch etwas dunkle Schokolade und Kardamom zeigt. Vollmundiger Typus, der mit gutem Gerbstoffgerüst und erneut dunklen Beeren (Holunder) aufwarten kann. Gerundet und mit einem finalen Würzeton – „bitte ein Vierterl davon“!
Weingut Alfred Fischer // Rosenthal  Zweigelt halbtrocken / 1 LT / 12,5 % SV / € 4,10 / www.alfredfischer.com

Das Koster-Quartett

Wie kommen die Bewertungen auf diesen Seiten zustande? Die ÖGZ lud Winzer und Importeure ein, kostenpflichtig ihre Verkost-Muster einzureichen. Dieser Querschnitt wurde in Gruppen (z. B. „weißer Schankwein“ oder „Spiced Rum“) gedeckt verkostet.
Diesmal verkosteten wir bei „Käseland’s Wein-Eck“ am Wiener Naschmarkt mit Hausherrn Hushmand Rabie, Sommelière Sylvie Hütter und Wolfgang Schmid. ÖGZ-Autor Roland Graf hielt als Vierter im Kost-Quartett die Eindrücke fest. Wie immer wurden die Proben verdeckt eingeschenkt und unabhängig bewertet. Die Summe der Einschätzungen ergab die Sieger und somit die Träger des ÖGZ-Gütesiegels 2023 in Gold.