ÖGZ-Verkostung

Von herb bis kreativ: Die ­subtile Kunst des Pils-Brauens

ÖGZ-Verkostung
30.05.2023

Jeder Schluck ein Kunstwerk: Es ist ein Balanceakt, den nur die besten Braumeister schaffen – das Brauen eines perfekten Pils. Wir haben uns auch heuer wieder durch einen bemerkenswerten Querschnitt gekostet.
Pilsverkostung 2023

Wie ein Komponist, der mit nur wenigen Noten eine Sinfonie erschafft, so steht auch ein Braumeister vor der Herausforderung, aus wenigen geschmacksgebenden Elementen ein Gleichgewicht zu finden. Besonders beim Pils, einem immer beliebter werdenden Bierstil, zeigt sich die Meisterschaft. Die Schwierigkeit liegt darin, ein Geschmacksprofil zu erzeugen, das sich von Flasche zu Flasche wiederholt und den anspruchsvollen Charakter des Pils verkörpert. Eine Aufgabe, die nur für die Besten der Branche reserviert ist, eine Liga, vergleichbar mit der Champions League.

Die jährlich im Mai stattfindende ÖGZ-Pilsverkostung bietet eine Plattform, auf der Braumeister ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen können. Doch wie der Wein seinen Sommelier hat, so verlangt auch das Pils eine kundige Zunge, die die Nuancen versteht und herausfiltert. Mit der herben Bitterkeit im Vordergrund, hat Pils den Ruf als perfekter Aperitif erlangt. Doch Vorsicht – nicht jedes Pils ist gleich. Vom kräftig bitteren norddeutschen Pils bis hin zum weniger herben bayerischen oder österreichischen Pils – das Geschmacksprofil zeigt eine beeindruckende Bandbreite. Und da reden wir noch gar nicht von neue­ren Kreationen, die unter Einsatz ungewöhnlicher Hopfensorten entstehen.

Pils-osophie der Bitterkeit

Den mutigsten Schritt unternahmen die italienischen Brauer von Birrificio Italiano im Jahr 1996. Sie brauten ein Pils mit 50 Bittereinheiten – ein Novum für Bierliebhaber, vor allem für italienische. Zum Vergleich, österreichische Pils erreichen in der Regel bis zu 30 Bittereinheiten, während ihre norddeutschen Pendants gerade so über die 35 Bittereinheiten hinausgehen. Doch das war nur der Anfang der Pils-Revolution. Bald tauschte man den traditionellen Hallertauer Hopfen gegen US-Aromahopfen aus, was das Produkt deutlich fruchtiger machte – eine Entwicklung, die international an Popularität gewinnt.

Die Jury

Das Koster-Trio - Pils 2023
V. l. n. r.: Alexander Grübling, Michael Kolarik, Konstantin Hoffmann-du Preez

Wie kommen die Bewertungen dieser Seiten zustande? Die ÖGZ lud Brauereien, Importeure und Händler ein, kostenpflichtig Muster einzureichen. Dieser Querschnitt durch das Marktangebot wird in Gruppen (z. B. „Pils“ oder „Märzen“) aufgeteilt und verdeckt verkostet, um die Besten zu ermitteln. Diesmal war die ÖGZ wieder in der Firmenzentrale von Del Fabro Kolarik in Wien-Simmering zu Gast. Neben dem Gastgeber und mehrfachem Biersommelier-Staatsmeister Michael Kolarik komplettierten Sommelier Konstantin Hoffmann-du Preez sowie ÖGZ-Autor und Biersommelier Alexander Grübling die Jury. 
Aus den gesammelten Benotungen wurden wie immer die Träger des ÖGZ-Gütesiegels 2023 in Gold ermittelt.

Tanz zwischen Trockenheit und Geschmack

In der Welt des Pils findet man ein kaleidoskopisches Spektrum von Geschmacksnuancen. Hellgoldene Farbe, grasige Noten, ein schlanker Körper und – etwa beim tschechischen Pilsner – ein Hauch von Karamell und Restsüße. All das kann man in einem Pils finden. Doch die Meisterschaft besteht darin, die Balance zu finden, um Pils harmonisch und zugänglich zu machen.
Doch wie genießt man dieses Bier? Die hopfenbetonte Bitterkeit passt perfekt zu leichten Gerichten wie Frischkäse, hellem Fleisch oder Meeresfrüchten. Doch aufgepasst: Trotz der vielseitigen Pairingmöglichkeiten sollte man Pils nicht zu fettigem Fisch servieren. Die Hopfenbittere kann mit den Fetten und Proteinen reagieren, was zu einem metallischen Geschmack führen und einen Oxidationsfehler vorgaukeln kann. Auch die Kombination mit der Cremesuppe ist ein No-Go. Hier finden Sie die Tipps der Verkoster!

So soll Pils sein: Gold

Schremser Ostarrichi Pils
Bierbrauerei Schrems // Schremser Ostarrichi Pils / 4,5 % 11,7° / www.schremser.at 

Kostnotiz: Strahlend klares, helles Goldgelb mit lebhafter Perlage. Duft von Baguettekruste, getrockneten Kräutern und heuartigen Gewürznoten, malerisch! Geschmacklich zeigt sich ein schlanker Antrunk. Die Bittere setzt ein und intensiviert sich zum Abgang hin und bleibt heuartig. Dazu passen gegrillte Putenspieße mit Paprikagemüse.

Aroma-King

Reininghaus Jahrgangspils
Gösser Brauerei // Reininghaus Jahrgangspils / 4,8 % 11,2° / www.jahrgangspils.at 

Kostnotiz: Leuchtend klares Strohgelb mit einem aromatischen Duft, der an Pinie und mediterrane Kräuter erinnert, einmalig! Im Antrunk Noten von Weißbrotkrume und einer Bittere, die zunächst anschwillt und dann im Abgang erneut zurückzutritt. Harmonisch bis zum Ende. Bemerkenswerte Balance!

Oh, là, là

Ottakringer Pils
Ottakringer Brauerei // Ottakringer Pils / 4,8 % / 11,2° www.ottakringerbrauerei.at 

Kostnotiz: Leuchtend hellgelb, kristallklar, mit einem Duft von Thymian und grasigen Noten, anregend! Der Antrunk ist schlank, begleitet von einer sehr feinen Perlage. Ein Hopfenaroma setzt früh ein, während Kräuteraromen eine kühlende Wirkung erzeugen. Trockenes Finish. Perfekt zu Frischkäse mit Zitronensenfsauce.

Vorzeige-Pilsner

Pilsner Urquell
Pilsner Urquell // Pilsner Urquell / 4,4 % / 11,75° www.pilsnerurquell.com/de

Kostnotiz: Schimmerndes Dunkelgelbgold. Duftet verführerisch nach Butterstriezel, einem Hauch von Karamell und kräuterbetontem Hopfen. Der Antrunk ist lieblich und eröffnet eine Geschmackssymphonie. Brioche und Karamell tanzen erneut auf der Zunge, bevor die Bittere eintritt und einen kraftvollen Abgang sichert.