Bedrohter Kaffee
Stirbt der Arabica-Kaffee aus?
Kaffeepflanzen benötigen einen speziellen Klima-Mix für bestes Wachstum und hohe Erträge. Gerät dieser z. B. durch Klima-Extreme aus den Fugen, so hat dies Konsequenzen. Den fünf größten Kaffeeproduktionsländern wird bis 2050 ein Rückgang von mehr als 50 Prozent ihrer Arabica-Produktion vorausgesagt. Arabica ist neben Canephora (Robusta) eine der beiden Coffea-Gattungen, die derzeit für den Weltmarkt von Bedeutung sind. Gesamt sind bisher aber bereits 125 Coffea-Gattungen ausgemacht worden, wovon die meisten jedoch praktisch unerforscht sind. Aber schon zwei dieser Gattungen haben andererseits ausgereicht, um einen weltweiten, milliardenschweren Kaffee-Kosmos entstehen zu lassen.
Die Auswirkungen des Klimawandels
- Wilder Coffea Arabica wird bereits als gefährdete Art eingestuft. 60 Prozent der Wildkaffeearten sind vom Aussterben bedroht, vor allem in Äthiopien, dem Mutterland aller Kaffeepflanzen.
- Kaffeebauern sind gezwungen, ihre Farmen – sofern möglich – weiter bergauf zu verlegen bzw. den Kaffeeanbau gänzlich einzustellen. Von den fast 13 Millionen weltweiten Farmen sind gerade die Kleinbauern von den Klimaveränderungen am stärksten betroffen.
- Die Wetterextreme weiten sich aus: Extremhitze in Tansania, Rekordregenfälle in Kolumbien, Dauerniederschläge in Vietnam und Jahrhundertdürre in Brasilien sind nur einige Beispiele aus den letzten drei Jahren, die in großen Kaffeeländern die Ernte dramatisch reduziert haben.
- Mit den steigenden Temperaturen und abnehmenden Niederschlägen in äquatorialen Regionen hat die Bedrohung durch Kaffee-Bohrer und Kaffee-Rost enorm zugenommen. Der Kaffee-Bohrer (Broca) ist die schlimmste Insektenplage im Kaffeeanbau, Kaffee-Rost (Roya) die schlimmste Kaffeepflanzenkrankheit. Kaffee-Rost ist ein Rost-Pilz, der Kaffeeblätter infiziert und die Fähigkeit der Pflanze zur Photosynthese unterbindet.
- Auch Covid-19 hat zu einer Verschärfung der Krise beigetragen, nicht nur durch fehlende Hilfskräfte und Erntehelfer, sondern auch durch Ertrags- und Gewinnausfälle, was wiederum die notwendigen Investitionen in die Pflanzenpflege reduziert.
- Aber auch die Versäumnisse aus der Vergangenheit rächen sich jetzt: ob die Entwaldung und Abholzung für andere Kulturen, die mangelnde Nachhaltigkeitsforschung, der Umstieg auf Monokulturen und der damit verbundenen Entfernung der Schattenbäume sowie der Bodenzerstörung durch den intensiven Einsatz von synthetischen Düngemitteln und Pestiziden.
Aus all diesen Faktoren resultiert ein laufendes Auf und Ab bei den Kaffeepreisen, mit der Tendenz, dass Kaffee teurer wird, viel teurer.
Der Ausweg auf der Krise?
- Die Wiederherstellung des Mikroklimas, einschließlich verschiedener schattenspendender Bäume und gesunder Erde.
- Neue Züchtungen von Sorten, die an höhere Temperaturen oder Dürre angepasst sind.
- Der lokale Schutz des Wildkaffees bzw. der Wälder in Äthiopien und auf Madagaskar.
- Einrichtungen von Samenbänken bzw. die Pflege der Pflanzensammlungen zum Erhalt des Wildkaffees.
- Schaffung von Agroforst-Systemen, die die Struktur des Waldes mit der Produktion von Kaffee verbinden, z. B. durch die Pflanzung von anderen (Nutz-)Bäumen, die für Schatten, einen neuen Lebensraum, Bodengesundheit, ein widerstandsfähiges Mikroklima und zusätzliche Einnahmequellen für die Kaffeebauern sorgen.
Wie sieht die Kaffee-Zukunft aus?
Da sich das Klima ändert und damit auch Temperatur, Feuchtigkeit, Niederschlag und Böden, wird es neue Kaffeeländer geben, die bisher nur wenig geeignet erschienen, wie z.B. Südbrasilien, Uruguay, Argentinien, Chile, USA, Ostafrika, Südafrika, China, Teile Indiens oder Neuseeland. Auch die Kaffeepflanzen werden sich ändern:
- Der Robusta-Kaffee (Canephora) wird einen Höhenflug erleben. Er ist widerstandsfähiger und klimaresistenter als Arabica. Eine Qualitätssteigerung beim Robusta-Anbau und -Kaffee wird die logische Konsequenz sein.
- Auch weniger bekannte Sorten werden wieder „wachgeküsst“ werden, wie z.B. der Liberica-Kaffee. Die Pflanze ist nahezu immun gegenüber Hemileia vastatrix, dem Kaffee-Rost.
- Auch der Excelsa-Kaffee, eine Varietät der Liberica-Pflanze, ist widerstandsfähig und robust. Die Wurzeln der Pflanze reichen sehr tief, weshalb sie selbst in äußerst trockenen Regionen mit sehr wenig Regen gedeihen und dort auch beachtliche Erträge erzielen kann. Ein großes Potenzial für die Zukunft!
- Coffea Stenophylla mit dem Ursprung in Sierra Leone liebt den Regen, kommt aber auch mit wenig Wasser sehr gut aus. Das ist die Chance für Sierra Leone, eines der ärmsten Länder der Welt. Die Stenophylla-Pflanze trotzt dem Klimawandel im Gegensatz zum Arabica-Kaffee. Es gibt zwar schon Kaffeesorten, die die heißen Temperaturen vertragen, diesen fehlt es aber an Aromen, die dem Arabica-Kaffee nahekommen. Der Stenophylla-Kaffee jedoch gilt als überaus aromatisch.