Eine liebenswerte Großfamilie mit schrägen Namen

Redaktion.OEGZ
20.12.2012

Eduard Tscheppe und Stephanie Tscheppe-Eselböck haben vor fast sechs Jahren das Gut Oggau übernommen und keltern dort  außergewöhnliche Weine. Diese präsentieren sich in einem genuss-vollen Spannungsfeld zwischen sehr traditionell und ultramodern.

Text Wolfgang Schedelberger

Ende 2006 haben Eduard Tscheppe, der aus einer bekannten Weinbauernfamilie in der Südsteiermark stammt, und seine Frau Stephanie Eselböck-Tscheppe, Tochter von Walter und Eveline Eselböck aus Schützen, das Gut Oggau im gleichnamigen Ort im Burgenland übernommen. Das alte Bürgerhaus an der Hauptstraße wurde zwar Schritt für Schritt hergerichtet, stilistisch wurde aber nichts verändert. Es wirkt sehr gemütlich, aber auch ein bisschen altmodisch. Die Weine, die die beiden keltern, tragen Namen wie Theodora, Timotheus, Emmermann, Wil-trude oder Mechthild. Alles Namen, mit denen man es heute als Kind in der Schule wohl eher schwer hätte. „Wir wollen hier eine Tradition fortsetzen und das auch mit den Namen für unsere Weine ausdrücken. Wir haben die Familienchronik der Vorgängerfamilie durchstöbert und uns ausgefallene Namen für unsere Weine ausgesucht. Wir setzen hier ja eine Tradition des Weinbaus fort, wenn auch mit einer eigenen Philosophie“, erklärt Eduard Tscheppe.
 
Ähnlich stellt sich das Spannungsfeld zwischen Bewahren und Erneuern im Weingarten dar. Die Reben in den sehr unterschiedlich gelegenen Weingärten sind bis zu 60 Jahre alt. In den vergangenen Jahren wurden sie jedoch kaum noch gepflegt, weil nur Trauben für den Weiterverkauf gelesen wurden. Ziel der beiden war es, die Identität der verschiedenen Weingärten zu bewahren, gleichzeitig haben sie konsequent mit dem ersten Jahrgang begonnen, den Betrieb auf biodynamische Bewirtschaftung nach Demeter umzustellen. „Wir wollen gebietstypische Weine keltern, die ihre Herkunft ausdrücken. Dazu gehört es auch, die Identität jedes Weingartens zu bewahren. Die Rebsorte selbst spielt dabei keine so große Rolle“, erklärt Eduard. Auch bei der Weinbeschreibung der einzelnen Flaschen auf der Website wird nicht näher auf die Rebsorten eingegangen. Dafür wird der Charakter des Weines – so wie bei einer Personendarstellung – sehr bildhaft beschrieben.

„Nachdem im Winter 2007 der erste Jahrgang im Keller war, hatten wir ein Jahr lang Zeit, uns zu überlegen, wie wir die Weine benennen wollen und welche Etiketten wir wollen. Wir sind dann auf die Idee gekommen, die Weine so wie die Mitglieder einer Großfamilie darzustellen, die sich in drei Generationen aufteilt. Die jüngeren, früh gelesenen Weine sind die Kindergeneration, die reiferen gehören zur Elterngeneration, und die Weine aus den ältesten Weingärten zur Großelterngeneration. Jeder Jahrgang stellt sich wie eine Familienfeier dar, bei der nicht zwingend immer alle Mitglieder anwesend sein müssen. Gibt es keine Botrytis, was öfter vorkommt, fehlt die Wiltrude. Leider hat heuer starker Hagel zu weiteren Ausfällen geführt, weshalb die Tischrunde diesmal nicht so groß ist“, umschreibt Stephanie das personifizierte Konzept mit den markanten Etiketten, die auch wie eine Mischung aus althergebrachten Porträts und Avantgarde wirken.
 
Auch der Blick auf das Rückenetikett überrascht. Die Tscheppes füllen ihre Weine als Landwein und nicht als Qualitätswein. Wieso denn das? „Wir wollen unsere Weine so naturnah und pur wie möglich keltern. Dazu gehört auch, dass wir bewusst auf Eiweißschönung und Filtrierung verzichten. Dadurch sind unsere Weine nicht immer brillant klar, was bei der Prüfung immer wieder Schwierigkeiten gemacht hat. Außerdem ist eine Sortentypizität gefragt, auf die wir ohnehin keinen großen Wert legen. Uns geht es vielmehr darum, die Gebietstypizität herauszuarbeiten“, so Eduard. Dass man bei Landweinen laut Weingesetz keine nähere geografische Angabe machen darf, stört die Tscheppes nicht wirklich, denn diese wird durch den Namen des Weinguts ohnehin sehr deutlich transportiert.
 
Dadurch können die Weine – trotz ihrer geradezu idealtypischen Gebietstypizität – auch nicht als Leithaberg DAC gefüllt werden. „Die  Winzer vom Leithaberg sind im Vergleich zu jenen anderer Weinbauregionen zwar auf dem richtigen Weg, weil sie in ihren Regeln nicht die Rebsorte in den Vordergrund stellen. Für die Etablierung einer erfolgreichen Herkunftsmarke wäre es jedoch notwendig, dass die teilnehmenden Betriebe auch qualitativ auf einem ähnlichen Level agieren. Das ist jedoch nicht immer der Fall“, meint Eduard.
 
Für den Export – der etwas über die Hälfte der Produktion von jährlich ca. 25.000 Flaschen ausmacht – ist der Verzicht auf die höherwertige Qualitätsweinklassifizierung jedenfalls kein Nachteil. „In dem Segment, in dem wir uns bewegen, ist die Demeter-Zertifizierung viel wichtiger. Das ist für viele Top-Restaurants, wie etwa das Noma in Kopenhagen, wo wir sogar ein gesamtes Menü mit unseren Weinen begleiten durften, unverzichtbar. Ob unsere Weine das rot-weiß-rote Logo tragen oder Leithaberg-DAC- klassifiziert sind, interessiert dort hingegen niemanden“, so Eduard.
 
Dem jungen Winzerehepaar ist es in relativ kurzer Zeit gelungen, ein eigenes Publikum für seine Weine zu begeistern, und zwar im In- wie auch im Ausland. Während sich die Gut-Oggau-Weine international vor allem in der gehobenen Gastronomie verkaufen (die wichtigsten Märkte sind Großbritannien, die Schweiz, Frankreich und Deutschland, kleinere Mengen gehen jedoch auch nach Tschechien, Zypern, Italien und Spanien) ist in Österreich auch die Direktvermarktung ab Hof wichtig, die nicht zuletzt dank eines engagiert geführten Heurigenbetriebs während der Sommermonate gut funktioniert.

„Uns ist es wichtig, dass man unsere Weine auch versteht. Dazu ist es notwendig, dass man ein paar Worte darüber erzählen kann, bevor man eine Flasche aufmacht. Mit unseren ausgesuchten internationalen Vertriebspartnern funktioniert das genauso gut wie mit Wein Art, unserem exklusiven Händler für die heimische Gastronomie. Aber natürlich ist es am besten, wenn uns jemand persönlich besucht, mit uns spricht und die Weine direkt vor Ort verkostet“, freut sich Stephanie im Sommer über jene Heurigen-Gäste, die im stimmungsvollen Innenhof des alten Bürgerhauses herzlichst bewirtet werden.

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