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Insolvenzen: Dramatischer Anstieg

Insolvenz
02.08.2022

Im 1. Halbjahr 2022 gab es in Österreich 7.153 Firmen- und Privatinsolvenzen. Tausende Unternehmen sind zudem stark ausfallgefährdet. Firmeninsolvenzen verzeichnen einen Rekordzuwachs von 121,2%.
Infografik: Firmeninsolvenzen 1. Halbjahr 2022

Die aktuellen Zahlen des Gläubigerschutzverbands Creditreform lassen alle Alarmglocken schrillen. Demnach sind die Firmeninsolvenzen im 1. Halbjahr 2022 in Österreich dramatisch angestiegen: Plus 121% auf 2.429 Verfahren. Damit wurde annähernd das Vorkrisen-Niveau des Jahres 2019 erreicht. Die Zahl der eröffneten Verfahren ist dabei um fast 100% auf 1.428 gestiegen. Die mangels Vermögen abgewiesenen Insolvenzen haben sich gar um 164% auf 1.001 erhöht.

Staatliche Hilfen ausgelaufen

Creditreform-Geschäftsführer Gerhard M. Weinhofer sieht zwei Gründe für die Insolvenzwelle: „Einerseits sind die staatlichen Hilfen ausgelaufen und öffentliche Gläubiger (Finanz, GKK) stellen vermehrt Insolvenzanträge, andererseits sind die heimischen Unternehmen nach den Lockdowns von diversen Krisen gleichzeitig betroffen, die auf die Konjunktur drücken. Steigende Preise bei Materialien und Vorprodukten bei gleichzeitiger Unmöglichkeit die Preise eins zu eins an den Kunden weiterzugeben sowie steigende Löhne (infolge des Arbeitskräftemangels) führen zu sinkenden oder gar negativen Margen und bedeuten bei steigenden Zinsen dann das endgültige Aus für viele Firmen.“

Die große Mehrheit der Insolvenzen betrifft übrigens Klein- und Kleinstunternehmen. Die Insolvenzpassiva belaufen sich demnach auf rund 600 Mio. Euro. 7.000 Arbeitsplätze und über 17.300 Gläubiger waren im ersten Halbjahr betroffen.

Bundesländervergleich

Den stärksten Zuwachs verzeichneten Niederösterreich (+188,7%), Vorarlberg (+168,4%) und Oberösterreich (+159,4%). Die höchste Insolvenzbetroffenheit herrschte in der Bundeshauptstadt mit 10 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen, die geringste in Vorarlberg mit 3 von 1.000 Unternehmen. Österreichweit mussten rund 7 von 1.000 Unternehmen einen Insolvenzantrag stellen.

Insolvenzen nach Bundesländern (1. Halbjahr 2022)

Alle 2 Tage gehen 3 Hotels oder Gastrobetriebe pleite

Am stärksten stiegen die Insolvenzen im Kredit- und Versicherungswesen mit einem Plus von 185,7%, gefolgt vom Handel (+131%). Im Beherbergungs- und Gaststättenwesen liegt das Plus bei 125,6%. Die meisten Insolvenzanträge verzeichneten der Handel (432), die Dienstleistungen (416, +114,4%) und das Bauwesen (413, +52,4%). Im Beherbergungs- und Gaststättenwesen gab es 273 Pleiten im ersten Halbjahr.

Ausblick

„Zurzeit stürzen zahlreiche Krisen zeitgleich auf die heimischen Unternehmen herein: Ukraine-Krieg, Preissteigerungen, Lieferkettenprobleme, steigende Zinsen, Arbeitskräftemangel. Dadurch steigt die Verunsicherung und drückt auf die Konjunkturlage. Viele Klein- und Mittelunternehmen, die durch die Pandemie getragen wurden, haben nun keine Luft mehr und müssen aufgeben“, erklärt Gerhard Weinhofer die aktuelle Situation.

Das Ende der Fahnenstange ist aber seiner Meinung nach noch nicht erreicht, da sich die „Corona-Blase“ nur langsam auflöst. Wie Creditreform in seiner zuletzt veröffentlichten Studie mit Prof. Walter Schwaiger von der TU Wien aufzeigte, sind zumindest 5.700 Unternehmen ausfallgefährdet. Das entspricht in etwa der Anzahl an „verhinderten“ Insolvenzen während der beiden letzten Pandemiejahre 2020 und 2021. Dazu können die noch nicht vorhersehbaren Auswirkungen eines Gaslieferstopps und anderer Folgen des Ukraine-Kriegs kommen.

Die im Juli von der EZB eingeleitete Zinswende wird zudem zu vermehrten Problemen bei der Kreditaufnahme und Refinanzierung führen.