Good News aus dem Südburgenland
Wohl dem, der jetzt nicht auf internationale Gäste angewiesen ist. Was lange im Südburgenland eher als Nachteil gesehen wurde, ist jetzt zum klaren Standortvorteil geworden. Nach Bad Tatzmannsdorf fahren ganz überwiegend österreichische Urlauber oder Tagesgäste, darunter viele Stammgäste. Ein durchschnittlicher Wellnessurlaub dauert 2 bis 3 Nächte, da nimmt niemand einen längeren Anfahrtsweg als 4 Stunden in Kauf. Kurgäste kommen natürlich eh aus dem Inland.
Die kommen jetzt alle wieder
Karl Reiter, Dr. Leonhard Schneeberger und Peter Prisching berichten im Golser, einem burgenländischen Beisl mitten in Wien nur Gutes vom Restart. An Pfingsten waren die Häuser voll – aus dem Stand. Karl Reiter mit seinem Luxus Reserve, das aus einem 5-Sterne-Adults-Only-Hotel und einem Familyhotel besteht, umgeben von 125 Hektar eigenem Grund und vielen Tieren, darunter weiße Lippizaner, freut sich über 80 Prozent Auslastung: „Unser Juni ist bereits besser als der Juni im letzten Jahr! Ehrliche Arbeit als Gastgeber trägt Früchte. Viele unserer Stammgäste haben heuer für ihre ganze Familie gebucht – aus Solidarität zu uns.“
Aber die Zeit vor Pfingsten war auch für den Tiroler Wahlburgenländer hart: „Zehn Tage waren wir in Schockstarre, dann haben wir die Ärmel hochgekrempelt und weitergemacht, renoviert, Dinge erledigt.“ Die Mitarbeiter hatte er in Kurzarbeit geschickt. Geld vom Staat hat er noch nicht viel gesehen, auch nicht für die Kurzarbeit. Aber es gab zum Glück ein paar Liquiditätsreserven. Und das naturnahe Konzept aus Landwirtschaft, Hotel, Gastronomie und Golf passt jetzt mehr denn je in die Zeit. Reiters anspruchsvolle Gäste müssen sich auch eher nicht über eine coronabedingt klamme Haushaltskasse Gedanken machen. Darum leisten sie sich gerne das angesagte „Farm-to-Table“-Konzept: Vieles, was hier in Reiters Genusswerkstatt gegessen und getrunken wird, stammt aus eigener Landwirtschaft vor der Haustür.
Geht Wellness auch in Coronazeiten?
„Aber ja“, sagt Peter Prisching, der heuer mit seinem Avita-Resort 25-jähriges Jubiläum feiert. Zum Resort gehört das Avita-Hotel und die öffentliche Therme, ehemals Burgenlandtherme. „Wir haben schon früher auf strenge Hygiene geachtet, jetzt machen wir es halt bewusst vor den Augen der Gäste, das vermittelt ein Sicherheitsgefühl. Wasser überträgt keine Viren und ab 60° überleben sie auch in der Sauna nicht.“ Seit die Regierung die Hygieneregeln für die Sauna doch noch gelockert hat, lohnt sich auch der Saunabetrieb. „Gäste, die sich dennoch vor einer Ansteckung fürchten, kommen nicht zu uns. Die, die kommen, genießen ein paar Tage dringend benötigte Auszeit.“
Für ihn war es ein einschneidendes Erlebnis Ende März durch ein völlig leeres Haus zu gehen. Da hat er gemerkt, dass ihm wirklich etwas fehlt – ganz unabhängig von betriebswirtschaftlichen Sorgen. „Mir haben die Gäste gefehlt und die Mitarbeiter. Die Menschen. Ich habe während des Lockdowns mehr denn je gespürt, dass ich Gastgeber sein will und nichts anderes!“ Die durch die strengen Hygienemaßnahmen erforderliche Reduzierung von Kapazitäten empfindet er als positiv. „Grundsätzlich haben wir eh genug Platz im Restaurant und in den Außenräumen. Wo nicht, erweitern wir jetzt sukzessive auch für Zeiten, wenn Covid hoffentlich einmal ausgestanden ist.“
Bei ihm ist die Auslastung nicht ganz so hoch wie beim Kollegen, er spricht von 50 Prozent. Und davon, dass er dieses Jahr sicher nicht mehr mit einem positiven Ergebnis abschließen wird. Viele Hilfszahlungen hat er außer Stundungen und die ersten Kurzerbeitzahlungen auch noch nicht bekommen. Ihn schmerzt besonders, dass die Europameisterschaft im Fußball verschoben werden musste. Denn traditionell bereitet sich die österreichische Nationalmannschaft im Avita Resort auf große Turniere vor. „Fußball ist bei uns ein großes Thema, das fällt heuer komplett aus.“
Und was ist mit den ganz normalen Kurgästen?
Kommen die auch wieder? „Ja, sagt Leonhard Schneeberger, Vorstandsdirektor Reduce Gesundheitsresort (aka Kurbad AG), die seit 2015 mit einem völlig neuen proaktiven Gesundheitskonzept alle Vorstellungen von einer „Kur auf Kasse“ hinter sich gelassen hat. „Uns geht es um aktive Gesundheitsvorsorge! Wir setzen auf eine nachhaltige Änderung des Lebensstils, mit Workshops und aufeinander aufbauenden Modulen. Bei uns geht es längst nicht mehr nur um Moorpackungen und Massagen, wir wollen auch die Köpfe unserer Gäste befreien.“ Das spare letztendlich mehr Gesundheitsausgaben als der Kuraufenthalt auf den ersten Blick koste: „Gesundheit ist eine gute Investition in die Zukunft. Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche, daher der Name Reduce. Wir machen unsere Gäste jetzt fit für das Virus! Dafür haben wir mit 7 Hektar Kurpark und 8 Hektar Wald in Tatzmannsdorf viel Platz. Durch unseren Wald ist schon Adalbert Stifter spaziert und hat darüber geschrieben.“
Allerdings hat Corona Schneebergers Kurbetrieb mitten in der Hauptsaison getroffen. April und Mai sind sehr starke Monate. Corona zwang von 100 Prozent Auslastung auf Null. Alle Mitarbeiter in Kurzarbeit. Auch Schneeberger ist durch ein leeres Haus gegangen, da hat es ihn schon gegruselt. Er hat noch keine Ersatzzahlungen für die Kurzarbeit bekommen. Ansonsten ist auch er froh, dass man in Bad Tatzmannsdorf auf einheimische Gäste setzt – und auf einheimische Mitarbeiter. Die stammen ganz überwiegend aus einem Umkreis von 80 Kilometern
Was man aus der Coronakrise gelernt hat
Noch mehr auf Kooperation und Gemeinschaftssinn setzen! Peter Prisching berichtet davon, wie schön es war einfach mit Kollegen wie Schneeberger oder Reiter zu sprechen: „Und wie geht’s dir? Was für Ideen hast du? Können wir was zusammen tun?“ Was man mehr denn je als Asset schätzen gelernt hat und mit dem man noch mehr bei den Gästen wuchern möchte, ist die Destination Tatzmannsdorf und Südburgenland. Dem Charme der Gegend ist ja nicht nur der Tiroler Karl Reiter erlegen.
„Was Wert hat, hat Bestand“, sagt Dietmar Lindau vom Tourismusverband Bad Tatzmannsdorf. Vor Corona war Tatzmannsdorf nicht umsonst mit 500. 000 Nächtigungen die am stärksten gebuchte Gemeinde des Burgenlandes.
Lindau schwärmt vom vielfältigen Angebot, für das die drei anwesenden Hoteliers Zeugnis ablegen können. Von den 500.000 Nächtigungen entfallen 300.000 auf Kur und Gesundheitsvorsorge, 200.000 auf Wellness. Davon wiederum 60.000 auf Apartments und Privatzimmervermieter, für die man jetzt neue Pakete als „Kurpartner“ schnüren möchte. Auch hier setzt man auf Zusammenarbeit. „Wir sind die Kümmerer“, sagt Karl Reiter. Gemeinsam will man Bad Tatzmannsdorf und das Südburgenland, für das die Betriebe in Tatzmannsdorf eine Leitfunktion haben als Sommerdestination positionieren. Damit aus 2 bis 3 Tagen Wellnusskurzurlaub vielleicht mehrere Wochen Sommerfrische werden: „Urlaub dohoam“.