Wien
Kongresstourismus: Es geht wieder aufwärts
Bild oben: Wien Tourismus-Chef Norbert Kettner, Finanzstadtrat Peter Hanke, WK Wien Tourismusobmann Markus Grießler, Christian Woronka, Leiter des Vienna Convention Bureau.
Kein Wunder, dass man als Tourismusdestination um Kongressgäste buhlt. Das Ausgabeverhalten ist nämlich nicht von schlechten Eltern. Mit durchschnittlichen Tagesausgaben von 552 Euro geben sie etwa doppelt so viel aus wie der Durchschnitt aller Wien-Reisenden. Diese Mehrausgaben generieren Einnahmen für verschiedene Branchen und stärken die lokale Wirtschaft.
Kongressgäste kommen nicht nur um sich fortzubilden, Hotelnächtigungen, Teilnahmegebühren, Konsumationen in gastronomischen Betrieben, Eintritte in kulturelle und touristische Einrichtungen, Shoppingausgaben und Transportleistungen vor Ort kommen noch als Sahnehäubchen hinzu. Die höheren Ausgaben dieser Besuchergruppe tragen somit zur Wertschöpfung und zum wirtschaftlichen Erfolg der Stadt bei.
Trendumkehr geschafft?
„2022 blickt die Wiener Tagungsindustrie auf ihre beste Performance seit Ausbruch der Pandemie zurück. Auch, wenn die Vor-Corona-Werte in einem Jahr, in das wir noch mit umfangreichen Einschränkungen gestartet sind, nicht erreicht werden konnten, so zeigt sich deutlich: Wien setzt seinen Weg als globale Meetingmetropole weiter fort. Die Trendumkehr ist geschafft!“, sagt Wiens Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke im Rahmen der Präsentation der Tagungsbilanz 2022.
Obwohl die meisten Kennzahlen der Wiener Meetingindustrie noch unter den Werten des Vorkrisenjahres 2019 liegen, konnte die Gesamtzahl der Kongresse dank einer starken Zunahme nationaler Veranstaltungen ihr bisheriges All-Time-High übertreffen. An der Präsentation nahmen außerdem Tourismusdirektor Norbert Kettner, Vienna Convention Bureau-Leiter Christian Woronka und der Obmann der Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschaftskammer Wien Markus Grießler teil.
Zahlen, bitte!
Recht hilfreich beim Hochfahren der postpandemischen Tagungsindustrie war bzw. ist auch der acht Millionen Euro schwere ‚Vienna Meeting Fund‘ (siehe Factbox unten, Anm.). Das Resultat: 4.339 Tagungen (Kongresse und Firmenveranstaltungen) im Jahr 2022 bedeuten ein Plus von 143% zu 2021 bzw. 79% des Aufkommens 2019.
Hervorzuheben sind hier die nationalen Kongresse, die anders als ihr internationales Pendant (531) oder auch Firmenevents (international: 1.507, national: 1.160) mit 1.141 Veranstaltungen bereits über ihrem Wert aus 2019 (733) lagen. Alle Tagungen zusammen brachten Wien rund 451.000 Teilnehmer mit 1,187 Mio Nächtigungen: ein Plus von 222% zu 2021 (74% des Niveaus 2019) bzw. ein Nächtigungs-Plus von 317% (75% des Niveaus 2019). Wiens Tagungsindustrie leistete damit einen Beitrag von 9% zum Gesamtnächtigungsaufkommen des Jahres 2022 (13,2 Mio. Nächtigungen).
Was ist der Vienna Meeting Fund?
Der Vienna Meeting Fund ist eine Initiative des Vienna Convention Bureau. Dieser Fonds zielt darauf ab, die Attraktivität von Wien als Tagungs- und Kongressdestination zu erhöhen und den Veranstaltungssektor der Stadt zu unterstützen. Der Fonds stellt finanzielle Anreize und Förderungen für die Organisation und Durchführung von internationalen Veranstaltungen in Wien zur Verfügung. Er konzentriert sich auf wissenschaftliche, medizinische, technische und kulturelle Kongresse sowie auf Corporate Events.
Durch die Bereitstellung von finanziellen Mitteln, Beratung und Unterstützung hilft der Vienna Meeting Fund Veranstaltern bei der Planung und Umsetzung ihrer Events in Wien und fördert damit den Veranstaltungstourismus.
So viele Jobs wie Korneuburg Einwohner hat
Die Tagungsindustrie in Wien hat sich nach den drastischen Einbrüchen durch Covid-19 im Vorjahr demnach deutlich erholt und trägt wieder in erheblichem Maße zum Bruttoinlandsprodukt bei. Seit 2015 erreichte der Beitrag der Tagungsindustrie in Wien regelmäßig die Marke von rund einer Milliarde Euro. 2022 betrug dieser Beitrag 738,55 Millionen Euro, was eine positive Entwicklung nach den pandemiebedingten Rückgängen zeigt.
Die dadurch generierten Steuereinnahmen beliefen sich auf 204,24 Millionen Euro. Dies zeigt, dass der Sektor nicht nur für Wien, sondern auch für das gesamte Land von großer wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Die Meetingindustrie in Wien konzentriert damit mehr als ein Drittel des gesamten Tagungsaufkommens des Landes. Tourismusdirektor Norbert Kettner betont die Bedeutung dieser Branche sowohl in der Visitor Economy Strategie als auch in der Wirtschafts- und Innovationsstrategie 2030 der Stadt.
Im Jahr 2022 sorgte die Wiener Tagungswirtschaft für 13.000 Ganzjahres-Arbeitsplätze, was in etwa der Bevölkerungszahl von Städten wie Korneuburg, Gmunden oder Leibnitz entspricht.
Großkongresse
Obwohl die Anzahl der nationalen Kongresse in Wien einen neuen Rekord erreicht hat, bleiben die internationalen Kongresse weiter der entscheidende Faktor für das gesamtwirtschaftliche Ergebnis. Im Jahr 2022 machten sie zwar nur 12% des gesamten Tagungsaufkommens aus, jedoch repräsentierten sie 43% aller Teilnehmer, 72% der Übernachtungen und 79% der durch alle Tagungen generierten Wertschöpfung und Steuereinnahmen.
Laut Kettner begann die Rückkehr der Großkongresse mit mehreren Tausend Teilnehmern insbesondere im zweiten Halbjahr 2022. Für 2023 sind bereits mehr als 50 Kongresse mit mindestens 1.000 Teilnehmern geplant, darunter 16 Großkongresse mit über 3.000 Personen und vier, die sogar die Marke von 10.000 Teilnehmern überschreiten. Ein Beispiel dafür ist der European Congress of Radiology im März, der über 17.000 Teilnehmer aus 122 Ländern in die Bundeshauptstadt lockte.
Kongressteilnehmer kommen wieder - als Gäste
Tagungen sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor im Wiener Tourismus, so Markus Grießler, WK Wien-Obmann der Sparte Tourismus. Sie generieren nicht nur Umsätze für Veranstalter, die Hotellerie und Gastronomie, sondern dienen auch als internationales Aushängeschild und Werbung. Viele Kongressteilnehmer kehren später mit Familie für Urlaub nach Wien zurück. Die Wiener Tourismuswirtschaft stellt sich zunehmend auf das Tagungspublikum ein, mit 60% der Gästebetten in Vier- und Fünf-Sterne-Hotels sowie einem vielfältigen Kultur- und Gastronomieangebot.
Die Wirtschaftskammer Wien sieht es zudem als zentrale Herausforderung, die Branche beim Fachkräftemangel zu unterstützen. Die Lehrlingszahlen im Tourismus steigen, und die Wirtschaftskammer hilft Betrieben bei der Lehrlingssuche und Ausbildung. Mit Angeboten von Fachschulen bis FH-Studien werden qualifizierte Fachkräfte und Führungskräfte von morgen ausgebildet. Der bevorstehende Umzug der Tourismusschulen Modul auf den "wko campus wien" im Herbst soll zusätzlich für einen Qualitätsschub sorgen.
Das Vienna Convention Bureau verfolgt derzeit weltweit über 200 Bewerbungen für Kongresse und Firmenveranstaltungen, sagt Christian Woronka, Leiter des Vienna Convention Bureau. 2023 liegen die Kommunikationsschwerpunkte der Meeting Destination Vienna auf den USA, Großbritannien, Belgien, Deutschland und der Schweiz. Um diese Märkte zu erreichen, setzt man auf Fachmedienkooperationen, eine Pressereise mit US-Fachmedien und insgesamt über 30 internationale Vertriebsaktivitäten, Workshops und Kundenevents. Ergänzt wird das Engagement durch die Teilnahme an wichtigen Branchenveranstaltungen und Messen, wie der "IMEX" in Frankfurt und Las Vegas, der "The Meetings Show" in London oder der "ibtm" in Barcelona.