Angebotsentwicklung

Härtetest für eine Reise

Tourismus
09.01.2025

Ein neues Reiseangebot zusammenzustellen ist schwierig genug. Sein Elchtest ist die erste Reisegruppe, die es ausprobiert. Besonders, wenn das Journalisten sind.
Kühlendes Wasserloch mitten im Wadi, dem ausgetrockneten Flusstal

Bild oben: Kühlendes Wasserloch mitten im Wadi, dem ausgetrockneten Flusstal.

Pressereisen folgen einer klaren Abmachung: Die Journalisten oder Influencer sind in zweifacher Weise eingeladen. Erstens, an der Reise teilzunehmen, und zweitens, darüber zu berichten. In beiden Fällen sind sie kritisch, aber wohlwollend.

Kritisch bis zur Schmerzgrenze war eine Journalistengruppe bei einem neu entwickelten Angebot des E-Bike-Reisespezialisten Belvelo, einer Tochter des Reiseveranstalters Lernidee Erlebnisreisen. Für „Mit dem E-Bike durch den Oman“ war die Route ausgetüftelt, lokale Partner und gehobene Unterkünfte gefunden, alles war durchkalkuliert und mit 5880 Euro für zwölf Tage nicht eben auf der billigen Seite. Im November waren Fachjournalisten aus dem DACH-Raum zu einer verkürzten Version eingeladen. Nicht (nur), um über die Reise zu berichten, sondern auch, um sie zu testen. Auf Herz und Nieren, schärfer als übliche Mystery Tester und von leidenschaftlichen Diskussionen begleitet. Simmering gegen Kapfenberg ist nichts dagegen.

Einige Radstrecken führen auch entlang des Highways. Keine Sorge: Der Verkehr ist dünn, die Autofahrer winken freundlich
Einige Radstrecken führen auch entlang des Highways. Keine Sorge: Der Verkehr ist dünn, die Autofahrer winken freundlich  

Konzentrieren wir uns auf den Hotelteil. Übernachtet wurde in einer idyllischen Oase, in einem Wüstencamp am Rand der Dünen, in einem Bergressort, in der historischen Altstadt von Nizwa und in der Hauptstadt Mascat.

Beginnen wir in der Oase. Das Arbeieen Resort hat ein knappes Dutzend Wohneinheiten, hübsche weiße Häuschen mit höchstens einem Stockwerk. Bemerkenswert ist die Lage: in einem Wadi, einem Tal direkt an einer steilen Sandsteinwand, an deren Fuß ein kühler Naturwasserpool plätschert. Die Terrasse liegt im Schatten einer riesigen Zeder – kurzum: ein Paradies aus 1001 Nacht. Am Lagerfeuer bei frischgepresstem Fruchtsaft (kein Alkohol im Oman) entzündet sich eine Diskussion über die Sanitärräume: Sind Dusche und WC im selben Raum angemessen? Selbstverständlich, sagt die eine Fraktion, gemessen am Standard der Bevölkerung ist das sogar luxuriös. Keinesfalls, findet die andere Seite, wer knapp 6000 Euro auf den Tisch legt, erwartet getrennte Facilitys und noch viel mehr. Den Streit entscheidet der britische Kronprinz William höchstpersönlich. Auf Booking.com wirbt das Resort mit einem Foto des Thronfolgers, der sichtlich beeindruckt dort übernachtete. Für ihn war es gut genug.

Knoblauchmelone und Einheitscurry

Köstlich, aber immer dasselbe: Hummus, Fladenbrot, Saucen
Köstlich, aber immer dasselbe: Hummus, Fladenbrot, Saucen.

Die nächste Nacht verbringen die gnadenlosen Tester im Wahiba Sands Wüstencamp. Sonnenuntergang auf einer romantischen Düne, dazu werden Chai und Datteln serviert. Zur inzwischen vertrauten Speisenauswahl – würziges Fleischcurry, Linsen-Dhal, Reis, Hummus, dünnes Fladenbrot – gibt es als willkommene Abwechslung Wassermelonen. Doch leider, der Koch schnitt die Melonen mit demselben Messer wie zuvor den Knoblauch für das Curry. Die Gruppe einigt sich rasch auf einen dezenten Hinweis an die Küche, nicht aber, welches Gewicht sie dem Vorfall gibt. Was wiegt mehr: der Fauxpas oder der Dünenzauber?

Einige Radtouren und 4WD-Pickup-Fahrten später landen die Tester am Plateau unter dem Gipfel des Jabal Shams, des höchsten Berges des Oman. Dort oben auf 3028 Metern finden sich mehrere durchwegs hochpreisige Resorts. An Dusche und WC im selben Raum haben sich auch die kritischsten Geister mittlerweile gewöhnt. Hier erregen die unflexiblen Frühstückszeiten Anstoß. Wer den Sonnenaufgang am nahegelegenen Balcony Trail erleben will - der locker dem Vergleich mit dem weit berühmteren Grand Canyon in Arizona standhält -, verpasst unweigerlich das Frühstück. Das kann auch der Veranstalter nicht ändern. Sind Jausenpakete eine Lösung? Oder sind sie im Vergleich zum üppigen Buffet (und dem gehobenen Übernachtungspreis) zu minder?

Kulinarisch geht es weiter (Beanstandungen zu anderen Themen lassen wir hier unter den Tisch fallen). Jedes Mittagsrestaurant am Straßenrand serviert dasselbe Einheitscurry, ebenso der Heritage Nobelschuppen in der Bezirkshauptstadt Nizwa – hervorragend, aber immer dasselbe. Als müsste man auf einer Österreichrundfahrt täglich Schnitzel essen. Unzumutbar oder landestypisch? Die Gruppe diskutiert heftig, der Veranstalter rauft sich die Haare: Wie soll er die lokale Gastronomie ändern? Fraglos: Ein neues Angebot zu testen ist wichtig und richtig. Schwierig wird es, wenn Landes-unübliche Dinge verlangt werden. Und wenn die Kritiklust die Schönheit der Reise überschattet.

Am letzten Abend in Maskat kehrt Frieden ein. Das Hotel Ramee Guestline im Touristendistrikt ist in Ordnung, aber nichts Besonderes. Bis auf ein Detail: Hier gibt es Bier. Und das versöhnt die kritischsten Geister.