Kaffee
Kaffee-Dummies sind die Klügeren
ÖGZ: Du trinkst gerade einen Cappuccino mit Hafermilch. Ist das denn als Profi erlaubt?
MichaelHaller: Natürlich! Dass Kaffeekenner nur Espresso trinken, ist längst überholt. Bei mir ist das immer abhängig von der Tageszeit. Mal ein schaumiger Milchkaffee, ein fruchtiger Specialty Coffee oder ein kräftiger italienischer Espresso. Jeder soll das trinken, was ihm schmeckt, aber auf Qualität kommt es an.
Du bist SCA Barista und Brewer, Trainer, Q-Grader und nun auch Autor! Du hast das Vienna Coffee College mit aufgebaut und bist in der Kaffeebranche kein Unbekannter mehr. Woher kommt deine Begeisterung für Kaffee?
Ursprünglich bin ich ein Quereinsteiger, wie viele in dieser Branche. Anfangs war es einfach eine Leidenschaft. Doch je tiefer man in die Materie eintaucht, desto mehr erkennt man, wie komplex und wissenschaftlich Kaffee ist. Es war eine Aufbruchsstimmung zu spüren. Die Specialty Coffee Szene hat das Produkt auf ein völlig neues Niveau gehoben, vergleichbar mit Wein oder anderen Genussmitteln. Mein Geschmackshorizont hat sich erheblich erweitert und ich habe gelernt, was Kaffee alles sein kann. Bei dieser Entwicklung wollte ich unbedingt dabei sein. Nun habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, Menschen, die sich für Kaffee interessieren, mehr darüber zu erzählen. Bei Trainings in der Gastro, bei uns im College oder nun auch im Buch.
Buchtipp
Michael Haller, 2024, „Kaffee für Dummies",
Wiley Verlag,
Taschenbuch € 18,50.
Wie erfährst du als Branchenprofi gerade die Kaffeewelt?
Hochwertiger Kaffee ist im Trend. Gastronomen, die das nicht erkennen, verpassen eine große Chance. Zum einen geht es um bewussten Konsum und Transparenz bezüglich der Produkte. Zum anderen ändern sich die Geschmacksvorlieben der Verbraucher. Heutzutage werden helle, fruchtige Röstungen mit komplexen Aromen geschätzt, während früher nur eine Geschmacksrichtung bekannt war. Man experimentiert mit verschiedenen Produkten, Getränken und modernen Rezepturen. Je mehr man entdeckt, desto weniger sind die Menschen bereit, schlechte Qualität zu akzeptieren. In der Gastronomie liegt hier ein enormes Potenzial: die richtige Auswahl der Bohnen, geschultes Personal für die Zubereitung, eine vielfältige Getränkeauswahl mit Alternativen zur Milch und mehr. Jeder Schritt trägt dazu bei, ein allgemeines Qualitätsbewusstsein und Wertschätzung für das Produkt zu fördern.
„Kaffee für Dummies“ – an wen richtet sich das Buch?
Die Fachreihe „Für Dummies“ ist mittlerweile eine etablierte Marke und spielt bewusst mit einem gewissen Humor. Das Buch richtet sich an clevere Leute! An alle, die etwas dazulernen wollen – vom Hobby-Barista bis zum Sterne-Gastronomen, vom Anfänger bis zum Profi. Kaffee ist eine eigene Wissenschaft, hochkomplex und faszinierend. Fast jeder trinkt ihn, aber kaum jemand setzt sich wirklich damit auseinander. Der Verlag hat mir die einmalige Gelegenheit geboten, das Thema auf eine humorvolle Weise einem breiten Publikum zugänglich zu machen und meine Erfahrungen sowie mein Wissen zu teilen. Es geht um Grundlagen, Bohnenkunde, Zubereitungsarten, Tipps und Tricks für den Alltag. Außerdem finde ich es vorteilhaft, dass das Cover auffällig ist und das Format wiedererkennbar.
Es gibt viele Bücher über Kaffee. Was unterscheidet dein Buch von den anderen?
Die Leser sollen direkt in die Praxis einsteigen und nicht erst im letzten Kapitel erfahren, wie man einen guten Kaffee zubereitet. Die Theorie wird umfassend behandelt, aber mein Hauptaugenmerk liegt auf der Zubereitung, dem Spaß und der Begeisterung für Kaffee. Mein Buch ist verständlich, lehrreich und unterhaltsam; es soll kein trockenes Lehrbuch sein. Ich erzähle von alltäglichen Problemen und Geschichten, die ich als Trainer erlebt habe. Über die Jahre in der Branche wurde mir bewusst, dass die Fragen der Menschen, mit denen ich über Kaffee gesprochen habe, oft sehr ähnlich waren. Die Probleme zu Hause sind die gleichen wie im Café oder Restaurant, daher kann jeder davon profitieren. Die Leser sollen sich darin wiedererkennen und das Buch soll bei der Lösung von Problemen helfen. Und wenn wir über die Gastronomie sprechen, sollten wir immer im Hinterkopf behalten, dass ein Barista die Getränke nicht für sich selbst, sondern für andere Menschen zubereitet. Den Gästen muss etwas geboten werden; sie bezahlen schließlich für ein gutes Produkt und dürfen das auch erwarten.
Was möchtest du Gastronomen mit auf den Weg geben?
Trotz all der Tipps und des Wissens, das wir vermitteln: Am Ende dreht sich alles um das Wesentliche, die Bohne! Sie ist der zentrale Faktor. Frische, hochwertige Bohnen und eine gute Röstung bilden die Basis für alles Weitere. Man sollte experimentieren, sich ausprobieren und die geschmackliche Vielfalt der Kaffee-Welt entdecken! Das Produkt verdient es, näher erkundet und bestmöglich in die Tasse gebracht zu werden.