Hüttengaudi in Buggl
Kurve um Kurve schlängelt sich die Straße nach oben. Der Weg führt über Berghänge und unter dichten Baumkronen und mündet nach der letzten Kehre vor dem Ortsschild „Buggl in Bach“. Knapp ein Dutzend Häuser, ein Bauernhof und ein Teich betten sich wie gemalt zwischen Wiesen und Wälder. Es ist ruhig. Nur manchmal durchbricht der Motor eines Traktors, das Muhen einer Kuh oder das Gackern eines Huhns die Stille. Zumindest bis Donnerstagabend. Dann geht ein Ruck durch das Bergdorf: Autos schlängeln sich die Straße hinauf, Musik schallt über die Berggipfel und verwandelt den Bauernhof in eine Bühne, zu der im Sommer jeden Donnerstag bis zu 1.000 Menschen pilgern.
Eingeführte Marke
Die Jausenstation Stubinger ist in Kärnten jedem ein Begriff. Seit 1982 veranstaltet die Familie Stubinger ihre legendären „Dämmerschoppen“. Die Kombination aus Musik und Show, Produkten aus eigener Erzeugung und dem Charme eines Familienbetriebs auf 1.096 Metern Seehöhe in den Gurktaler Alpen machen den Event zur festen Größe.
Was spielerisch von der Hand zu gehen scheint, birgt eine Menge Arbeit – und wurde einst aus der Leidenschaft für Musik und der Liebe zur Geselligkeit geboren. Seit 1888 lebt die Familie auf dem Hof, ab 1908 gab es die Bauernkapelle „Buggl“. Das musikalische Talent vererbt sich von Generation zu Generation, genauso wie der männliche Vorname Valentin, in Kärnten in der Kurzform Volte. Volte I. brachte erst sich selbst und dann seinen Kindern alles bei: das Spielen auf der Harmonika genauso wie auf Trompete, F-Tuba oder Posaune. Heute leitet Valentin Stubinger (35) – Volte IV. – den Hof. Er ist ausgebildeter Konzertmeister und tourt mit der Band „Die Malzbratla“ durch Österreich. Jeden Sommer steht er nicht nur als Gastgeber, sondern auch als Musiker auf der eigenen Bühne.
Denn das Konzept der Dämmerschoppen verbindet Musik und Show mit Geselligkeit und Gastronomie. „Wir haben jede Woche andere Musiker hier, und als feste Größe spielt mein Vater immer mit dem ‚Kärntner Skilehrer Trio‘.“ Volte Stubinger (67) – also Volte III. – startete 1969 mit den „St. Ulricher Buam“ und spielte danach in vielen anderen Formationen, seit 2006 ist er mit dem „Kärntner Skilehrer Trio“ unterwegs.
Der Dämmerschoppen wurde in den 1980er-Jahren geboren. Damals lud Volte II. zum Stadlfest. Danach probierte die Familie verschiedene Events an verschiedenen Tagen aus, war aber nicht zufrieden – bis zur Entscheidung, die heute noch den Erfolg ausmacht: „Wir haben gesagt, wir müssen am Donnerstag festpicken“, so Stubinger. Heute ist der Dämmerschoppen-Donnerstag eine feste Größe. Aus rund 50 Besuchern in den ersten Jahren sind bis zu 1.000 geworden, bei denen vor allem die Gästestruktur spannend ist. „Früher war der Event für Touristen angedacht, dabei ist es heute umgekehrt“, schmunzelt Stubinger. Besucher aus ganz Kärnten sind in der Mehrzahl, allen voran die Jugend, die zum „Buggl-Volte“ pilgert. „Die Jungen kommen jede Woche, weil es nichts Vergleichbares gibt. Ich kenne welche, die nehmen sich im Sommer jeden Freitag frei“, so Valentin Stubinger.
20 Mitarbeiter muss man finden
Für ihn ist die Sommersaison eine intensive Zeit: 20 Mitarbeiter sorgen dafür, dass der Event läuft, die größte Herausforderung ist die Logistik. „Es ist schwieriger geworden, Personal zu finden, das die ganze Saison bleibt. Da kann es schon passieren, dass man am Donnerstagnachmittag noch herumtelefonieren muss.“ Dazu kommt, dass die Dämmerschoppen-Donnerstage lang sind. „Um fünf in der Früh steht meine Frau Victoria auf und schiebt den ersten Braten ins Rohr“, sagt Valentin Stubinger. Er selbst dreht gegen drei Uhr nachts die letzte Runde über den Hof und sieht nach dem Rechten. „Ein Bett kann ich nicht anbieten, aber ich kann ein Taxi rufen und dafür sorgen, dass meine Gäste sicher nach Hause kommen.“
Langfristig denken
Das Geheimnis des Erfolges liegt aber nicht nur am Konzept, sondern auch an der Umsetzung. „Man kann das Rad nicht neu erfinden, aber man kann es updaten!“, sagt Stubinger. Er setzt sich nach jeder Saison hin und hinterfragt den Erfolg und das, was er womöglich verbessern könnte. Sein Tipp an Betriebe, die ihm nacheifern wollen? „Man muss hartnäckig sein und dranbleiben. Und einfach machen“, ist er überzeugt. „Man braucht natürlich ein Konzept. Das musst du dann umsetzen. Und dabei langfristig denken. Du musst dir sagen: Ich mache das jetzt zehn Jahre und ziehe dann ein Resümee und schaue: Hat es funktioniert?“
Es funktioniert, damals wie heute. Geht Ende August der letzte Dämmerschoppen über die Bühne, wird es wieder ruhiger in Buggl in Bach. Zumindest augenscheinlich. Valentin Stubinger plant dann schon die nächste Saison: „Nach dem Dämmerschoppen ist vor dem Dämmerschoppen“, sagt er und lässt seinen Blick zu seinen Kindern schweifen, Ma-thilda (6) und Valentin (4). Mathilda erhält bereits Trompetenunterricht, der kleine Valentin – Volte V. – eifert ihr nach. „Er bläst schon ganz gut in die Trompete“, so sein Vater stolz. Die nächste Generation steht in den Startlöchern.