Ausbildung

Rettet die Lehre!

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17.10.2024

Die Zahl der Lehrlinge in Österreich bricht weiter ein. Besonders betroffen: der Tourismus. Der Fachkräftemangel bedroht eine ganze Branche. Welche Wege führen aus der Misere? Wir präsentieren die besten Konzepte.
Lehre Symbolfoto

Die Zahlen sind alarmierend: Österreich verliert seine Lehrlinge. Was einst die solide Grundlage für die Fachkräfte von morgen war, steckt heute tief in der Krise. Besonders im Tourismus wird der Mangel spürbar. Wo 2008 noch fast 15.000 Lehrlinge ihre Ausbildung begonnen haben, sind es heute weniger als die Hälfte. Die Gründe? Vielleicht ist die Ausbildung ein wenig angestaubt, unattraktiv und nicht zukunftsfähig. Das Timing ist jedenfalls schlecht, denn heute zerrt der Fachkräftemangel bedrohlich an der Wirtschaft.

Während die Industrie immer digitaler und vernetzter wird, hinken die Lehrpläne hinterher. Statt Innovation gibt es oftmals verstaubte Unterrichtsinhalte. Statt Flexibilität gibt es starr geregelte Ausbildungswege, die der Realität in den Betrieben längst nicht mehr gerecht werden. Dabei müsste die Lösung auf der Hand liegen: Die Lehre muss grundlegend modernisiert werden. Flexibler, praxisnäher, technologisch auf der Höhe der Zeit. Doch in den Ministerien scheint man sich lieber in Bürokratie zu verlieren, als mutige Schritte zu wagen.

Mehr Praxis, mehr Begeisterung

Besonders die kleinen und mittleren Betriebe (KMU) trifft diese Entwicklung hart. Sie sind das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und die Hauptausbilder im Land. Doch ihre Lehrlinge werden ihnen oft nach der Ausbildungszeit von größeren Unternehmen weggeschnappt. Eine faire Kompensation für diese Betriebe wäre überfällig, fordert etwa der Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Wien (SWV). Er plädiert für einen Entschädigungsfonds, der die KMU für ihre Ausbildungsleistungen belohnt.
Ein Problem, das dringend gelöst werden muss, ist die Attraktivität der Lehre selbst. Jugendliche sehen sich zunehmend nach anderen Wegen um, weil die Lehre als unmodern und unattraktiv gilt. Dabei wäre der Hebel eigentlich simpel: Die Ausbildung muss erlebbar werden. Ein verpflichtendes Praktikum in der 9. Schulstufe könnte jungen Menschen die Vielfalt der Berufe nahebringen. Doch auch kreative Ansätze fehlen. Warum nicht Lehrlinge stärker fördern, indem man ihnen während der Ausbildung Einblicke in andere Betriebe und Branchen ermöglicht? Eine Art „Lehrlingsaustausch“ könnte ihnen helfen, den Horizont zu erweitern und sich in verschiedenen Bereichen auszuprobieren.

Chancen einer Lehre sehen

Bernd Hinteregger, Tourismusexperte und Hotelier, fordert eine umfassende Modernisierung der Lehre. Hinteregger: „Junge Menschen müssen die Chancen einer Lehre sehen – etwa im Tourismus. Und wer ein Praktikum gemacht hat, der soll als Anreiz einen 500-Euro-Urlaubsgutschein bekommen“. Aber das ist nur der Anfang. Hinteregger sieht einen Pool von Lehrlingen vor, die einmal im Jahr den Betrieb wechseln können, um neue Erfahrungen zu sammeln – ähnlich einem Erasmus-Austausch. Ein solcher Austausch könnte junge Menschen motivieren und ihnen die Vielfalt des Berufsfeldes zeigen. 
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